Symbolbild: Pflegefachkraft in kritischer Pose
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Keine Pflegekammer im Südwesten

Weil mehr als 53.000 Pflegefachpersonen Einspruch gegen ihre Registrierung eingelegt haben, stoppt Baden-Württemberg die Gründung einer Pflegekammer und beendet ein laut Ver.di undemokratisches Verfahren.

Die Landespflegekammer Baden-Württemberg wird nicht gegründet. Wie der baden-württembergische Sozialminister Manne Lucha (Grüne) am Montag (10. Juni 2024) mitteilte, haben mehr als 53.000 Pflegefachpersonen Einspruch gegen ihre Registrierung und damit gegen die Errichtung der Kammer erhoben. Mehr als 40 Prozent derjenigen, die verpflichtend Mitglied der Pflegekammer werden sollten, haben diese demnach aktiv abgelehnt – eine klare Botschaft, aus der die Landesregierung die nötige Konsequenz zieht: Der Errichtungsprozess wird gestoppt, der Gründungsausschuss aufgelöst.

Bereits im Februar hatte Lucha im Landtag öffentlich gemacht, dass tausende Pflegefachkräfte ihre Ablehnung der Kammer schriftlich kundgetan haben. Doch es dauerte nochmal fast drei Monate, bis die Landesregierung das Scheitern der Kammer offiziell feststellte – wohl weil es Differenzen mit dem Gründungsausschuss gab, der etliche Einwendungen als unwirksam werten wollte. Lucha stellte nun klar, dass das gesetzlich erforderliche Quorum für die Errichtung um mehrere Tausend verfehlt wurde.


„Wir reichen der Politik die Hand, um jetzt gemeinsam die Bedingungen in der Pflege zu verbessern."

    Jakob Becker, ver.di Baden-Württemberg


 

„Sozialminister Manne Lucha hat meinen ganzen Respekt, dass er, obwohl selbst vehementer Befürworter der Kammer, den Gründungsausschusses in seine rechtsstaatlichen Schranken verwiesen hat“, kommentierte ver.di-Landesbezirksleiter Martin Gross. „Ein ausgesprochen undemokratisches Verfahren findet damit doch noch einen demokratischen Ausgang.“ ver.di hatte stets den undemokratischen Charakter des Vorgehens kritisiert, bei dem all diejenigen, die nicht aktiv widersprechen, als Befürworter:innen der Pflegekammer gezählt wurden. Dass das Quorum trotz dieser hohen Hürde verfehlt wurde, spricht Bände.

„Das Ergebnis ist aber kein Grund, in dem Bemühen nachzulassen, die Pflege, wo immer möglich zu stärken“, betonte Lucha. Für die Stärkung der Pflege wird sich auch die Gewerkschaft ver.di weiter einsetzen, die die Gründung einer Pflegekammer stets kritisiert hat. „Wir reichen der Politik die Hand, um jetzt gemeinsam die Bedingungen in der Pflege zu verbessern“, erklärte Jakob Becker, der bei ver.di in Baden-Württemberg für das Gesundheit- und Sozialwesen zuständig ist. „Wir haben dazu viele gute Vorschläge und stehen für eine konstruktive Zusammenarbeit zur Verfügung.“

Einen konkreten Vorschlag machte die ehrenamtliche Vorsitzende des ver.di-Landesfachbereichs, Regina Glockmann. Die Personalrätin an der Uniklinik Heidelberg verwies auf die laufenden Tarifverhandlungen an den vier baden-württembergischen Universitätskliniken, bei denen ver.di „den Arbeitgebern ein Zukunftspaket vorgeschlagen hat, mit dem wir die Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen deutlich verbessern würden und damit auch neue Menschen für die Berufe in der Pflege gewinnen könnten“. Doch die Leitungen der landeseigenen Kliniken verweigerten bisher ein Angebot zur Entlastung und verwiesen dabei auch auf mangelnde finanzielle Unterstützung des Landes. Glockmann: „Im eigenen Haus kann die Landespolitik hier sofort an einer Verbesserung der Pflege aktiv mitwirken und ein positives Signal in die Pflegebranche im Land senden.“


Quelle: Pressemitteilung von ver.di vom 11.06.2024