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„engagiert, flexibel - ausgebrannt?“

von Prof. Dr. Peter-Ulrich Wendt
04.11.2011 | Kinder-/Jugendhilfe | Schwerpunkte Kommentare (0)

Unter der Lupe der Hochschule: die Arbeitssituation von Fachkräften der Kinder- und Jugendarbeit in Sachsen-Anhalt

Fachkräfte spielen eine tragende Rolle in der Kinder- und Jugendarbeit in Sachsen-Anhalt. Sie sorgen gemeinsam mit freiwilligen Mitarbeitern für vielfältig pädagogisch gestaltete Angebote, für die Organisation von Veranstaltungen und Schulungen, für die Bearbeitung von Förderanträgen sowie für die Anleitung und Betreuung von Honorarkräften und Arbeitsgelegenheiten („1-Euro-Jobs“). Sie sind in Einrichtungen, Vereinen und Verbänden oft als einzige hauptamtliche Fachkraft tätig und für das gesamte Spektrum der anfallenden Aufgaben verantwortlich. Ihr Berufsfeld ist zudem geprägt durch eine sich schnell wandelnde Zielgruppe mit einem immer neuen Bedarf an Beratung, Förderung und Hilfe, auf die sich die Fachkräfte in immer kürzeren Zeitabständen immer wieder neu einstellen müssen. Kinder- und Jugendarbeit gilt als eines der Handlungsfelder der Sozialen Arbeit, das aufgrund seiner Offenheit hoch-flexible und damit besonders engagierte Fachkräfte braucht.

Neben diesen inhaltlichen Rahmenbedingungen stehen äußere Rahmenbedingungen, die sich in den letzten Jahren deutlich verschlechtert haben: Vermehrt Teilzeitstellen, Arbeitsverdichtung, unregelmäßige Arbeitszeiten, Arbeit an Wochenenden und Fiertagen, fehlende öffentliche Anerkennung, erhöhter Verwaltungsaufwand sowie unklare persönliche Zukunftsperspektiven, denn viele Arbeitsverträge werden befristet abgeschlossen und ihre Fortführung steht oft völlig „in den Sternen“. Trotz allem gelingt es den in der Kinder- und Jugendarbeit tätigen Fachkräften immer noch, sich für die Bewältigung der vielfältigen Aufgaben zu motivieren und mit Kindern und Jugendlichen gemeinsam etwas auf die Beine zu stellen.

Prof. Dr. Peter-Ulrich Wendt (Fachbereich Sozial- und Gesundheitswesen an der Hochschule Magdeburg-Stendal) und der Kinder- und Jugendring Sachsen-Anhalt e. V. haben ihre Lage nun genauer unter die Lupe genommen und eine Studie zur Arbeitssituation der Fachkräfte in der Kinder- und Jugendarbeit in Sachsen-Anhalt erstellt. Nahezu ein Viertel aller in Sachsen-Anhalt tätigen Fachkräfte wurde befragt. Das Kernergebnis lautet: Die Situation ist ernster, als zu erwarten war. „Es ist nicht auszuschließen“, stellt Prof. Wendt fest, „dass mehr und mehr jetzt noch engagierten Fachkräfte vor den schwierigen Arbeitsbedingungen kapitulieren können.“

Die in dieser Form bislang einzigartige Untersuchung wurde im Rahmen einer gemeinsamen Fachtagung unter dem Titel „Fokus Jugend 2011“ in der Hochschule vorgestellt und diskutiert. Prof. Dr. Dieter Kleiber von der Freien Universität Berlin ergänzte die Reflexion durch Hinweise zur burnout-Forschung. Über 100 Fachkräfte und Akteure aus Politik und Verwaltung prüften Möglichkeiten, die Arbeitsbedingungen in der Kinder- und Jugendarbeit zu verbessern.

Denn, so ein Ergebnis der Untersuchung Wendts: Ein Fünftel der in der Kinder- und Jugendarbeit tätigen Fachkräfte leiden besonders unter den schwierigen Bedingungen ihres Arbeitsfeldes. Ihre Motivation sinkt erkennbar, ihnen fehlt es noch deutlicher an Unterstützung durch Anstellungsträger und Berater. Die Aufgabenstellungen dieses durch besondere Flexibilitätsanforderungen gekennzeichneten Arbeitsfeldes erleben sie besonders dramatisch. Anerkennung durch Öffentlichkeit und Politik nehmen sie seltener wahr, Behinderungen durch Vorschriften und Vorgaben der Jugendämter dagegen umso häufiger. Ein Zustand, so ist sich Prof. Wendt sicher, „der auf Dauer die Qualität der Kinder- und Jugendarbeit in ganz Sachsen-Anhalt in Frage stellt. Ein Land, das den demografischen Umbruch bewältigen muss, braucht aber engagierte und hochmotivierte Fachkräfte des Sozialen. Hier sind vor allem Sozialpolitik und Jugendämter gefordert!“

Nähere Informationen:
Prof. Dr. Peter-Ulrich Wendt
Tel. 0391 - 886 42 82,
Email: peter-ulrich.wendt@hs-magdeburg.de 
web: www.puwendt.de

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