Potenziale der geriatrischen Rehabilitation zu selten genutzt

In den meisten Ländern gibt es Schwierigkeiten, den Forschungsstand zur geriatrischen Rehabilitation, trotz starker Hinweise auf deren Vorteile, in effektive Maßnahmen zu übersetzen. Zu diesem Schluss kommt der Geriater, Professor Ian Cameron aus vom John Walsh Centre for Rehabilitation Research in Sydney. Dort wird interdisziplinär geforscht: klinisch, epidemiologisch und anwendungsorientiert. „Die meisten älteren Menschen mit einer schwerwiegenden gesundheitlichen Beeinträchtigung können potenziell von Rehabilitation profitieren“, sagt der Experte. „Die besten Beispiele finden sich gerade nach Schlaganfällen oder Hüftfrakturen und es gibt immer mehr Hinweise für die positive Wirkung von Rehabilitation nach Immobilisierung und bei Gebrechlichkeit." Der Inhaber des Lehrstuhls für Rehabilitationsmedizin an der Universität Sydney und geriatrische Berater der australischen Regierung und Gesundheitsorganisationnen in medizinischen Fragen älterer Menschen ist auf dem Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft der Geriatrie (DGG) und der Deutschen Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie (DGGG) vom 7. bis 10. September 2016 eingeladen, das Thema „Nutzen der geriatrischen Rehabilitation“ umfassend zu beleuchten.

In Deutschland ist nach Meinung der beiden Fachgesellschaften der Altersmedizin die Zahl ausgesprochener Reha-Empfehlungen viel zu gering, 2015 waren es knapp 31.000  bei fast 1,5 Millionen Begutachtungen. Sie sehen unter anderem systemische Gründe. Kostenträger der geriatrischen Rehabilitationen sind in der Regel die Krankenkassen, Nutznießer einer erfolgreichen Maßnahme hingegen auch die Pflegekassen. Auch nicht ausreichend geklärt sei die Frage, wo die Reha stattfinden sollte: Stationär in einer Klinik, in einer Pflegeeinrichtung oder zu Hause in der gewohnten Umgebung der älteren Menschen? Weltweit gibt es dazu erheblich abweichende Modelle. Cameron will aufzeigen, dass eine Rehabilitation in Pflegeeinrichtungen potenziell negative Ergebnisse produzieren kann, indem Behinderung und Abhängigkeit verlängert werden. Ist es dagegen möglich, eine Rehabilitation im häuslichen Umfeld anzubieten, sei dies mindestens so effektiv wie im Rahmen einer stationären Behandlung. Um bei Rehabilitationsmaßnahmen die höchste Kosteneffizienz und die besten Ergebnisse zu erzielen, sei es in vielen Fällen nützlich, diese in der heimischen Umgebung stattfinden zu lassen. „Der größte Vorteil von Rehabilitationsmaßnahmen für ältere Menschen ist es, ein eigenständigeres Leben mit einer verbesserten Lebensqualität führen zu können“, so Cameron. „Das könnte auch die Nutzung von Pflegeeinrichtungen verringern.“

Quelle: Presseinformation der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie vom 25. Juli 2016