"Das Leben selbst in die Hand nehmen"

Der LWL unterstützt im Haus Granat junge Menschen aus schwierigen Verhältnissen beim Start ins Arbeitsleben. In Interviews geht es darum, wie es gelingen kann, das eigene Leben mit Unterstützung nach einem Umbruch gut zu gestalten und welche Aspekte der Jugendarbeit dabei für die Protagonistin wichtig waren.

Das Leben selbst in die Hand nehmen: Wenn junge Menschen aus schwierigen Verhältnissen kommen oder mit anderen Herausforderungen zu kämpfen haben, ist der Weg in den Arbeitsmarkt oft schwierig oder gar unmöglich. Jeweils sechs von ihnen lernen im Café Haus Granat in Haltern-Lavesum die Grundlagen kennen, die ihnen doch eine Chance bieten, auf eigenen Beinen zu stehen. Die Einrichtung des LWL-Jugendhilfezentrum Marl zeigt ihnen mit großem Erfolg anhand verschiedener Tätigkeiten im Bereich der Gastronomie, welche Fähigkeiten es braucht, um im Arbeitsleben zu bestehen. Pat hat zum Beispiel ihren Berufsweg im Haus Café Granat gestartet und arbeitet jetzt als Hotelfachfrau. Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) berichtet auf seinem Internetauftritt ausführlich über Pats Geschichte und lässt die Beteiligten in Interviews zu Wort kommen.

Pat wird mit 15 Jahren schwanger, „viel zu früh“, wie die heute 25-Jährige sagt. Für die Jugendliche, die mit ihren Eltern aus Thailand nach Süddeutschland gekommen war, hört in dem Moment das typische Teenager-Leben auf. Pat bricht die achte Klasse erst einmal ab, um sich um ihren Sohn zu kümmern. Von Stuttgart zieht sie nach Essen, beendet dort die achte Klasse, in Gelsenkirchen macht sie später ihren Hauptschulabschluss.

„Einfach zuhause bleiben, kam für mich dann aber nicht infrage“, erzählt sie. Sie wendet sich an das Jobcenter. Die Mitarbeiterin dort gibt ihr eine Empfehlung: das Café Haus Granat. In der LWL-Einrichtung soll sie sich ausprobieren. Pat ist zuerst skeptisch. Die Arbeit in dem idyllisch gelegenen ehemaligen Landgasthof macht ihr aber Spaß. Sie ist in der Küche tätig, in der täglich rund 150 Mittagessen gekocht werden, für die Offene Ganztagsschule in Dorsten und für die Tages- und Wohngruppen des LWL-Jugendhilfezentrums Marl. Das Haus bietet zudem Catering-Services an für LWL-interne und externe Fortbildungen, Tagungen oder private Feiern - und Tagungsräume, in denen bis zu 100 Menschen versorgt werden müssen, inklusive Service am Platz. „Gerade das Arbeiten direkt mit den Leuten war für mich ganz schön schwierig, aber die Mitarbeiter von Haus Granat haben mich aus dem Schneckenhaus herausgeholt“, erinnert sich Pat an die Anfangszeit.

Nach einem Praktikum in einem Restaurant überlegt sie sich mithilfe des Café-Haus-Granat-Teams, dass das Hotelfach besser zu ihr passen könnte. Sie bewirbt sich beim Hotel Seehof in Haltern für eine Ausbildung und absolviert diese mit Bravour. Seit einem Jahr ist sie nun Hotelfachfrau mit einer festen Stelle an ihrem Ausbildungsort.

Werner Kroll, der pädagogische Leiter des Hauses, ist stolz auf Pat und auf alle anderen, die den Weg in die Berufstätigkeit gefunden haben, trotz aller Widerstände. Rund 50 Prozent der jungen Erwachsenen, die die Maßnahme durchlaufen, können später vermittelt werden. „Das ist eine hohe Quote für unsere Zielgruppe“, sagt Kroll. Der Erfolg gebe dem Projekt recht, das die jungen Menschen fit für den ersten Arbeitsmarkt mache und gleichzeitig langfristig dafür sorge, dass die Kosten für das Sozialsystem sinken.

Beziehungsarbeit ist eine der wichtigen Aufgaben für das Team, die Vermittlung von bestimmten Eigenschaften, die für ein erfolgreiches Arbeitsleben entscheidend sind, eine andere. Auch Benjamin Folk, der gemeinsam mit Daniela Peters das Haus leitet, weiß das. „Wir vermitteln in der Küche die Grundkenntnisse, wie die Abläufe sind, wie man mit Lebensmitteln umgeht oder auch einfach nur Gemüse schneidet“, sagt der Koch. „Ebenso wichtig sind aber andere Fähigkeiten, wie zum Beispiel pünktlich und verlässlich zu sein, Ausdauer zu haben oder unter Zeitdruck zu arbeiten.“ Denn das Café Haus Granat bildet keinen geschützten Raum, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen genauso liefern wie andere gastronomische Betriebe.

Sascha Brinkmann, der ebenfalls beim LWL-Jugendhilfezentrum Marl angestellt ist, bringt den jungen Menschen bei, wie man einen Lebenslauf schreibt, nach Stellen sucht oder sich bei Vorstellungsgesprächen verhält. „Manchmal müssen die Jugendlichen sogar erst einmal lernen, wie man telefoniert. Das machen wir dann in Rollenspielen“, sagt der Sozialarbeiter.

Viele der Teilnehmerinnen und Teilnehmer arbeiten später in der Gastronomie, einige landen in anderen Berufen. Pat hat im Hotelgewerbe ihre Leidenschaft und ihren Beruf gefunden. "Ich habe hier so viel Verschiedenes gelernt, dass ich danach wusste, wo es für mich hingehen soll", sagt sie. "Dafür bin ich wirklich sehr dankbar."


Quelle: Pressemitteilung des LWL vom 14.10.2024