Ausgrenzung Geflüchteter: Situation, Ursachen und Perspektiven

„Rechtsextreme machen wieder Hetzjagd auf Flüchtlinge." So lautete eine der Nachrichten über Bautzen in den Medien. In der Spreestadt war es zu Konflikten zwischen Geflüchteten und Deutschen gekommen. Offenbar bietet die Stadt aufgrund des sozialen Klimas für Geflüchtete keine optimalen Rahmenbedingungen für einen gelingenden Integrationsprozess. Aber wie werden Städte im Erleben Geflüchteter zu feindseligen Orten? Mit dieser Frage beschäftigte sich Dr. Sebastian Kurtenbach, der seit diesem Semester am Fachbereich Sozialwesen der FH Münster Prof. Dr. Aladin El-Mafaalani vertritt und Politikwissenschaften mit dem Schwerpunkt Kommunalpolitik und kommunale Sozialpolitik lehrt.

„Bautzen erschien mir als ein geeigneter Fall für eine tiefere Analyse der Situation: wegen der Größe – als Zentrum der Oberlausitz ist es mit 40.000 Einwohnern relativ groß – und wegen der verhältnismäßig geringen Arbeitslosigkeit", erklärt der Sozialwissenschaftler. Auch die Erfahrungen mit Diversität aufgrund der Nähe zu Polen und Tschechien sowie der lokal ansässigen Minderheit der Obersorben seien ausschlaggebend für Bautzen als beispielgebende Kommune für eine empirische Untersuchung gewesen. „Sie steht exemplarisch für eine allgemeine Tendenz in unserer Gesellschaft, was wir zurzeit unter dem Schlagwort Rechtsruck diskutieren."

Die Ergebnisse hat Kurtenbach im Buch „Ausgrenzung Geflüchteter. Eine empirische Untersuchung am Beispiel Bautzen" veröffentlicht, mit der sich an Lehrende und Studierende der Soziologie, Stadtsoziologie, Politikwissenschaften und Sozialen Arbeit sowie an Praktiker in der politischen Bildung, Kommunalverwaltung und Sozialen Arbeit wendet. Hier gibt er einen Einblick in die Dynamik, die zur Alltagsausgrenzung Geflüchteter führt. Dabei bezieht er die Perspektiven Geflüchteter ebenso ein wie die von Bürgern, Politikern und der Zivilgesellschaft. Über 100 Interviews hatten der 31-Jährige und sein Team geführt, unzählige Medienberichte und statistische Mikrodaten etwa zu Bautzens Privathaushalten ausgewertet – um die zentrale Frage in seiner Publikation beantworten zu können: Warum werden einzelne Kommunen wie Bautzen zu Orten erlebter Ausgrenzung für Geflüchtete? „Es gibt nicht die eine Antwort", so Kurtenbach. „Da kommt einiges zusammen, wie kollektive Abstiegsängste und daraus entstandener Sozialneid. Aber auch eine mitunter chaotische Unterbringung Geflüchteter und die fehlende Einbindung von Menschen. Das wiederum führt zu einer neuen Normalität, in der es vermeintlich sozial legitim erscheint, Minderheiten auszugrenzen."

Kurtenbach, Sebastian, Ausgrenzung Geflüchteter. Eine empirische Untersuchung am Beispiel Bautzen, Springer VS, 124 Seiten, Hardcover, eBook, ISBN 978-3-658-21799-0, 39,99 Euro, Softcover, ISBN 978-3-658-21798-349,99 Euro, Juli 2018


Quelle: Pressemitteilung der FH Münster am 23. Juli 2018