Ein Fragzeichen erleuchtet die Ebene unterhalb
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Systemische Fragen anwenden

von Ursula Pabsch
21.05.2024 | Dossier

Systemische Fragen regen zur Reflexion an und machen Mut für Veränderungen. Grundlage der Fragetechniken ist die Wertschätzung und Stärkung der Klienten. Sie sind die methodische Basis der Systemischen Therapie und Beratung und eignen sich gut für tägliche Praxis der Pädagogik und der Sozialen Arbeit.

Was sind systemische Fragen?

„Systemische Fragen“ ist der Überbegriff für verschiedene Fragetechniken der Systemischen Therapie. Sie funktionieren auf Basis des systemischen Grundverständnis

  • dass Verhaltensmuster und ihr Kontext sich wechselseitig beeinflussen und deshalb in jedem Verhalten ein Sinn zu finden ist.
  • dass die Klient:innen als Expert:innen für ihr Leben die Lösungen für ihre individuellen Problemlagen bereits mitbringen und sie nur Unterstützung brauchen, diese zu entdecken.

Das Besondere an der Anwendung systemischer Fragen ist die Kunst, die Fragen den Klient:innen zielgerichtet zu stellen und damit einzuladen, eine andere Perspektive für das geschilderte Problem einzunehmen – so werden manchmal Lösungswege sichtbar, die vorher im Verborgenen lagen. Mit der Stärkung des Selbstwertgefühls gelingt es, dass die Klient:innen wieder die Regie im eigenen Leben übernehmen und das Problem lösen können.

Arten der Systemischen Fragen

Es gibt vier große Fragekategorien, die sich in ihrer Zielsetzung unterscheiden. Eine konsequente Trennung der Kategorien gibt es nicht, denn sie sind methodisch zirkulär und bauen aufeinander auf.

  • Reflexive Fragen
  • Ressourcenorientierte Fragen
  • Zirkuläre Fragen
  • Lösungsorientierte Fragen

Hypothetischen Fragen, Paradoxen Fragen oder auch Skalierungsfragen gehören zu den Fragetechniken. Je nach Zielsetzung kann man sie unterschiedlich kategorisieren.

Ziele der Systemischen Fragen

Die Ziele der Systemischen Fragen sind im Allgemeinen:

  • Stärkung des Selbstwertes der Klient:innen
  • Stärkung der persönlichen Kontrolle der Klient:innen über die Lebenssituation
  • Informationsgewinn über die Art der Klient:innen zu denken und zu handeln
  • Entdeckung ihrer Ressourcen
  • Ziele der Klient:innen zu entwickeln

Im Detail gibt es je nach Art der Frage unterschiedliche Ziele:

Mit reflexiven Fragen werden bisherige Denk- und Handlungsmuster erfragt und hinterfragt. Damit werden Muster aufgedeckt. Die Fragen regen zur Musterunterbrechung an. Mit ressourcenorientierten Fragen werden die eigenen Kompetenzen wieder entdeckt und aktiviert. Soziale Ressourcen gehören auch dazu. Mit zirkulären Fragen rückt der kommunikative Aspekt eines Verhaltens in den Mittelpunkt. Welches Verhalten, welcher typische Verlauf einer Kommunikation bringt immer wieder die gleichen Probleme? Wie kann man den Kreislauf stoppen? Mit den lösungsorientierten Fragen wird der Blickwinkel konsequent in die Zukunft gerichtet. Die Ursache des Problems wird nicht hinterfragt. Stattdessen ist die Vision einer Lösung und der Weg zur gewünschten Veränderung das Thema.

Die Fragen sollten immer zielgerichtet eingesetzt werden, um nachhaltig wirken zu können. Bei der Beratung von Kindern können sie in sprachlich leicht geänderter Form angewendet werden. Der Fantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt.

Systemische Fragen: Beispiele und Übungen

Reflexive Fragen:

Angenommen, Sie würden nicht mehr allen Leuten helfen? Was würden Sie dann über sich denken?
Was würde sich für Sie verändern, wenn Sie das nächste Jahr alleine in Urlaub fahren würden?

Ressourcenorientierte Fragen:

Wenn Sie sich an eine Zeit erinnern, in der sie sich weniger gestritten haben, was war da anders? Wie war Ihr Tagesablauf?
Was gibt Ihnen Mut? Wie schaffen Sie Ihr Tagespensum trotz der großen privaten Belastung?

Zirkuläre Fragen:

Wenn Ihr Sohn abends zu spät nach Hause kommt, wie reagieren Sie? Was sagt Ihr Mann? Was macht Ihr Sohn? Was passiert dann? Wie sieht der nächste Morgen aus?
Wie reagieren Ihre Kolleg:innen, wenn Sie Ihre Termine nicht einhalten? Was macht Ihr Chef?

Lösungsorientierte Fragen:

Stellen Sie sich vor, Sie haben es geschafft, Ihre Wohnung aufzuräumen. Wohin fällt Ihr Blick zuerst? Wie sieht es dort aus? Was hilft Ihnen, um mit diesem Teil der Wohnung anzufangen? Auf einer Skala von 0 -10, wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass Sie bis Sonntag diese eine Ecke in Ihrer Wohnung schön gemacht haben?