Hartz IV: Neues Gutachten hält Regelsätze für Kinder für zu niedrig
Die Rechtswissenschaftlerin Prof. Dr. Anne Lenze stellt in einem Rechtsgutachten fest, dass die Grundlagen für die Ermittlung des Existenzminimums für Kinder im Rahmen der Regelungen des SGB II höchst fragwürdig sind. Dies führe zu einem zu niedrigen Berechnungssatz - zu Lasten zahlreicher armer Kinder und Jugendlicher.
Kritisch sieht die Darmstädter Rechtswissenschaftlerin vor allem die Grundlage für die Regelsatz-Berechnung. So moniert sie in ihrem für das niedersächsische Sozialministerium erstellten Gutachten, dass als Vergleichsgröße lediglich der Durchschnitt der unteren 15% der Erwachsenen (bzw. der unteren 20% der Kinder) aus der Einkommens- und Verbraucherstatistik herangezogen werde, also keinesfalls der Durchschnitt aller Haushalte. Dies führe zu einer fragwürdigen Schieflage, denn überhaupt nicht erfasst würden hierbei die Lebenslagen der in verdeckter Armut lebenden Menschen, z.B. von Alleinerziehenden, die trotz rechtlichen Anspruchs auf Sozialleistungen verzichten.
Lenze hat grundsätzliche Zweifel an den bestehenden Maßstäben. Denn aus offenbar finanzpolitischen Gründen würden als Vergleichsgruppe die nächst-armen Menschen herangezogen, nicht aber objektive Bedingungen für gute Teilhabechancen von Kindern und Jugendlichen. So stellt Lange klar: „Die Regelbedarfe von Kindern und Jugendlichen müssen sich an einer durchschnittlichen Lebenslage orientieren.“
Auch wenn die Berechnungsgrundlagen zur Ermittlung des Existenzminimums schon seit längerem in der Kriitk stehen, zeigt das vorgelegte Gutachten abermals, dass die in erster Linie auf Einsparungen ausgerichteten Hartz-Reformen Teilhabechancen von Kindern und Jugendlichen eher verschlechtert als verbessert haben. Die Forderung nach einer an echten Teilhabechancen orientierten Kindergrundsicherung ist somit um ein starkes Argument reicher.
Hier geht es zum vollständigen Gutachten von Prof. Lenze.