Bildungsgipfel von Bund und Ländern

23.10.2008 | Soziale Arbeit

Bis zu 60 Milliarden mehr für Bildung und Forschung

Mit einem gewaltigen finanziellen Kraftakt wollen Bund und Länder für Bildung und Forschung ab 2015 jährlich bis zu 60 Milliarden Euro zusätzlich ausgeben. Dies ist das zentrale Ergebnis des Bildungsgipfels von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und den Ministerpräsidenten am Mittwoch in Dresden. Damit sollen die Mittel für Bildung und Forschung auf insgesamt zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) aufgestockt werden. Derzeit werden für Bildung 6,2 Prozent ausgegeben, für Forschung 2,7. «Wohlstand für alle heißt heute Bildung für alle», betonte Merkel. Dies sei das gemeinsame Ziel. Langzeitarbeitslosigkeit gebe es vor allem dort, wo Schulabschlüsse fehlten.

Wer welchen Anteil übernehmen soll, ist allerdings noch umstritten. Eine Bund-Länder-Strategiegruppe soll nach der Bundestagswahl im Herbst 2009 Vorschläge zur Finanzierung vorlegen. Einbezogen werden dabei auch die Bildungsausgaben von Wirtschaft und Kommunen. Die Länder erwarten für die Bildung weiterhin einen höheren Anteil des Bundes am Mehrwertsteueraufkommen. Im Abschlussprotokoll der Dresdner Erklärung heißt es dazu: «Der Bund widerspricht dem zum jetzigen Zeitpunkt.»

Merkel kündigte an, dass der milliardenschwere Bund-Länder- Hochschulpakt zur Schaffung zusätzlicher Studienplätze und zur Verbesserung der Hochschulforschung über 2012 hinaus bis 2020 verlängert werden soll. Die Regierungschefs von Bund und Ländern schnürten auf dem Bildungsgipfel des weiteren ein umfangreiches Maßnahmenpaket. Dazu gehören unter anderem Sprachkurse für Migrantenkinder und benachteiligte Jugendliche, verbindliche Sprachtests vor der Einschulung, die Halbierung der Abbrecherzahlen in Schule und Lehre durch mehr vorbeugende Hilfen sowie nachträgliche Bildungschancen für Arbeitslose.

Wegen des dramatisch wachsenden Fachkräftemangels vor allem bei Ingenieuren, Naturwissenschaftlern aber auch in anderen akademischen Berufen sollen mehr junge Menschen für ein Studium gewonnen werden.

Baden-Württembergs Kultusminister Helmut Rau (CDU) hat sich zufrieden mit dem Ergebnis des Bildungsgipfels gezeigt. «Meine Erwartungen sind erfüllt worden», erklärte Rau am Mittwochabend. Besonders erfreulich sei, dass die Mittel für Bildung und Forschung bis 2015 auf zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) aufgestockt werden sollen. «Das ist eine gute Basis, um unser Bildungssystem qualitativ weiterzuentwickeln», sagte der CDU-Politiker.

Die wichtigsten Entscheidungen des Bildungsgipfels in Dresden

FINANZIERUNG: Bund und Länder wollen ab 2015 für Bildung und Forschung zehn Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) ausgeben. Im Vergleich zu heute würde dies je nach BIP-Entwicklung Mehrausgaben zwischen 25 und 60 Milliarden Euro bedeuten. 7 Prozent BIP sind für Bildung vorgesehen, 3 Prozent für Forschung. Derzeit sind dies 6,2 beziehungsweise 2,7 Prozent. Die Aufteilung der Kosten zwischen Bund und Ländern bleibt auch nach dem Gipfel strittig. Eine Arbeitsgruppe soll bis nach der Bundestagswahl 2009 Lösungen aufzeigen. Die Länder wollen einen höheren Anteil vom Mehrwertsteueraufkommen des Bundes für die Bildung. «Der Bund widerspricht dem zum jetzigen Zeitpunkt», heißt es im Protokoll. Die Länder sagen zu, durch den Schülerrückgang eingesparte Gelder «insbesondere» zur Verbesserung der Bildung einzusetzen.

GERECHTER ZUGANG ZUR BILDUNG: Die in Deutschland besonders ausgeprägte Abhängigkeit von Bildungserfolg und sozialer Herkunft wird durch ein ganzes Maßnahmenbündel angegangen. Dazu gehören frühe Sprachförderung für Migranten und benachteiligte Kinder, mehr frühkindliche Bildung, verbindliche Sprachtests vor der Einschulung, Halbierung der Abbrecherzahl in Schulen von 8 auf 4 Prozent und in der Lehre von 17 auf 8,5 Prozent binnen fünf Jahren durch vorbeugende Maßnahmen und verschiedene Lehrstellenprogramme. Forderungen der SPD nach der gemeinsamen Finanzierung von Sozialarbeitern in Schulen werden in der Arbeitsgruppe weiter verhandelt.

GANZTAGSSCHULE: Der Ausbau der Ganztagsschulen soll «bedarfsgerecht» vorangehen. Der Bund zahlt an bedürftige Kinder bis Klasse zehn pro Schuljahr 100 Euro für Lernmittel.

ABITUR-STANDARDS: Die Länder wollen für das Abitur «nach Möglichkeit spätestens ab 2010/2011» für die Fächer Deutsch, Mathematik und Fremdsprachen gemeinsame Bildungsstandards vorlegen, ab 2013 auch für Naturwissenschaften. Schon vom Kindergarten an soll bei jungen Menschen technisches und naturwissenschaftliches Interesse geweckt werden.

MEHR FACHKRÄFTE: Die «mittel- und langfristige Sicherung» des Fachkräftebedarfs hat für Bund und Länder «Priorität». Mehr junge Menschen sollen studieren. Durch Ausbau vor allem der Fachhochschulen und dualer Studienangebote (Kombination von Lehre und Studium) soll erreicht werden, dass 40 Prozent eines Jahrganges studieren. Bis 2020 halten Bund und Länder 275.000 zusätzliche Studienplätze für nötig. Der Hochschulpakt von Bund und Ländern soll dazu bis 2020 fortgeführt werden. Über Details wird am 27. Oktober in Bonn verhandelt.

STUDIUM OHNE ABITUR: Für das Studium von Meistern und anderen Fachkräften ohne klassisches Abitur schaffen die Länder abgestimmte Zugangsregeln an den Hochschulen. Der Bund vergibt dafür Aufstiegsstipendien.

WEITERBILDUNG: Durch eine «Weiterbildungsallianz» von Bund und Sozialpartnern soll die Beteiligung der Beschäftigen an Kursen von derzeit 43 auf 50 Prozent steigen. Der Bund öffnet das «Meister- Bafög» auch für Erzieherberufe.

BERICHT: 2010 sollen die Bildungsminister von Bund und Ländern den Regierungschefs einen Bericht über die Umsetzung der Qualifizierungsinitiative vorlegen.


Quelle: Landesportal Baden-Württemberg