Aktueller Report der FamilienForschung Baden-Württemberg zur ökonomischen Lage der Familien
Arbeits- und Sozialministerin Dr. Monika Stolz: Arbeitslosigkeit ist größtes Armutsrisiko
Trotz Rückgang der Armutsgefährdung vergleichsweise hohe Belastung von alleinerziehenden Müttern, ausländischen und kinderreichen Familien
„Armut ist in Baden-Württemberg kein Massenphänomen, aber auch in einem vergleichsweise reichen Land stellt sie ein ernst zunehmendes soziales Problem und eine ständige Herausforderung für die Politik dar“, sagte Arbeits- und Sozialministerin Dr. Monika Stolz anlässlich der Herausgabe des neuen Reports „Familien in Baden-Württemberg“ der FamilienForschung Baden-Württemberg am 24. März. Baden-Württemberg gehöre zwar zu den Ländern mit dem geringsten Anteil an Sozialhilfe- und Arbeitslosengeld II –Empfängern. Auch sei Baden-Württemberg seit Jahren unter allen Bundesländern das Land mit der geringsten Arbeitslosigkeit, trotzdem gebe es Familien, die in einkommensarmen Verhältnissen leben. „Auch wenn bei uns die Situation weniger angespannt ist, ist das weder ein Trost für die Betroffenen noch ist es ein Grund, bei der Bekämpfung von Armut und Ausgrenzung nachzulassen. Zu den stärksten Ursachen für Armutsgefährdung gehört die Arbeitslosigkeit. In erster Linie geht es deshalb um bestmögliche Chancen auf Bildung, Ausbildung und Arbeit, um Armut zu verhindern und um materielle Sicherheit und Unterstützung“, so die Ministerin weiter.
Nach den von der FamilienForschung Baden-Württemberg erhobenen Daten hat in Baden-Württemberg wie im gesamten Bundesgebiet die Armutsgefährdung von Familien in den Jahren 2006 und 2007 leicht abgenommen.
1)siehe Ende der PM)Nach aktuellen Auswertungen des Mikrozensus waren 2007 in Baden-Württemberg insgesamt 13 Prozent der Familien armutsgefährdet. Dies waren 9 Prozent oder rund 106.000 der Ehepaare mit Kindern (2005: 10 Prozent) und 29 Prozent oder 84.000 der Alleinerziehenden (2005: 32 Prozent). „Der Rückgang der Armutsgefährdung bei Familien ist auch ein Zeichen dafür, dass Kinder kein generelles Armutsrisiko darstellen. Baden-Württemberg investiert auch zukünftig in Kinder und Familien und wird sich auch weiterhin für eine ganzheitlich verstandene Politik für Familien einsetzen“, sagte Monika Stolz. Sie verwies auf die vielfältigen Programme wie z.B. das Landeserziehungsgeld, den Mehrlingsgeburtenzuschuss, den Landesfamilienpass und nicht zuletzt das Landesprogramm STÄRKE. „Aber auch bei den Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende haben wir einen Erfolg erzielt. Denn nach unseren Bemühungen wird der Bund eine dritte Stufe bei den Kinderregelsätzen im SGB II einführen“, so die Ministerin weiter.
Nach wie vor besteht für Alleinerziehende, ausländische und kinderreiche Familien ein vergleichsweise hohes Armutsrisiko. „Deshalb müssen wir uns besonders um Kinder von Alleinerziehenden, Kinder aus kinderreichen Familien und Kinder mit Migrationshintergrund kümmern“, sagte Monika Stolz. Sie hält dabei eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, eine gute schulische und berufliche Bildung, eine weitestgehende gesellschaftliche und soziale Integration und auch gezielte finanzielle Hilfen wie das Elterngeld oder das Landeserziehungsgeld für besonders wirksam.
In Baden-Württemberg lebten 2007 etwa 291 000 Alleinerziehende. Besonders hoch ist die Armutsgefährdung für Alleinerziehende mit jüngeren Kindern. Sind die Kinder unter drei Jahre alt, leben 59 Prozent oder rund 11.000 der Alleinerziehenden in Armutsgefährdung und auch mit Kindern im Kindergartenalter sind dies noch über die Hälfte (55 Prozent). Während hierzulande etwa jede zehnte deutsche Familie unterhalb der Armutsrisikoschwelle lebt, betrifft dies etwa jede vierte ausländische Familie (27 Prozent oder rund 64.000 Familien). Von den deutschen Paaren mit Kindern sind in Baden-Württemberg 6 Prozent armutsgefährdet, für ausländische Paarfamilien ist das Risiko viermal so hoch (24 Prozent). Besonders hoch ist das Armutsrisiko für ausländische alleinerziehende Mütter: Von ihnen war 2007 nahezu jede zweite armutsgefährdet (48 Prozent, Deutsche: 30 Prozent). Auch kinderreiche Familien sind einer überdurchschnittlich hohen Armutsgefährdung ausgesetzt. Etwa jede fünfte Paarfamilie mit drei und mehr Kindern verfügt in Baden-Württemberg nur über ein Niedrigeinkommen (19 Prozent oder rund 39.000 der Paarfamilien). Damit ist ihr Armutsrisiko mehr als doppelt so hoch wie das von Familien mit ein oder zwei Kindern (8 Prozent bzw. 7 Prozent).
„Auch nach den Feststellungen des vorgelegten Reports ist mangelndes Erwerbseinkommen von Erwachsenen ein Hauptgrund für Armutsgefährdung, nicht nur bei den Erwachsenen selbst, sondern auch bei Kindern. Ziel aller Bemühungen zur Bekämpfung der Armutsgefährdung muss deshalb sein, Erwachsene in Arbeit zu bringen. Das hilft nicht nur den Erwachsenen selbst, sondern wirkt auch Kinderarmut entgegen, erläuterte die Ministerin. Die Landesregierung habe seit Jahren vielfältige Anstrengungen unternommen, erwerbslose Menschen in eine dauerhafte und existenzsichernde Erwerbstätigkeit zu bringen. Beispielhaft nannte die Ministerin den verstärkten Ausbau der Betreuungsplätze für Kleinkinder, Maßnahmen zur beruflichen Qualifizierung und Integration von Langzeitarbeitslosen, die Förderung von Projekten des Kombilohnimpulsprogramms KOLIPRI oder an Schulen angelehnte Projekte zur Verbesserung des Übergangs von der Schule in den Beruf. Sie wies auch auf Anstrengungen im Schul- und Hochschulbereich wie beispielsweise die Bildungsoffensive Schule und die Initiativen im Bereich der frühkindlichen Erziehung hin. Insbesondere auch im Hinblick auf Alleinerziehende setze sich Baden-Württemberg für einen weiteren Ausbau der Kleinkindbetreuung ein. Laut Allensbach Familienmonitor 2008 erwarten 63 Prozent dass Familienpolitik sich für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf einsetzt. „ Alleinerziehende sind genauso leistungsbereit und gut ausgebildet und wollen wirtschaftlich unabhängiger sein. Durch den weiteren Ausbau der Kleinkindbetreuung wird es vielen Alleinerziehenden möglich sein, erstmals oder in erweitertem Umfang eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen“ sagte die Ministerin. Sie blickt aber auch in die Zukunft: „Wichtig ist auch die stärkere Thematisierung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf“. Hierfür baut das Land Baden-Württemberg in Zusammenarbeit mit der FamilienForschung Baden-Württemberg das Kompetenzzentrum Beruf&Familie auf, das ein breites Informations- und Unterstützungsangebot für alle Arbeitgeber bereithält, die die Personalpolitik in ihrem Unternehmen familienbewußt gestalten wollen (nähere Informationen zum Kompetenzzentrum Beruf & Familie auf der Homepage Frauen Aktiv in Baden-Württemberg).
Bestellung des Reports:
Die Ergebnisse zur ökonomischen Lage von Familien in Baden-Württemberg, Deutschland und Europa finden sich in der soeben erschienenen Ausgabe des Reports „Familien in Baden-Württemberg“. Er wird quartalsweise von der FamilienForschung Baden-Württemberg im Auftrag des Ministeriums für Arbeit und Soziales erstellt und kann über die Homepage der FamilienForschung Baden-Württemberg kostenlos abonniert oder heruntergeladen werden. Darüber hinaus steht auch eine Kurzfassung zur Verfügung. Beide Formate stehen auch auf der Homepage des Ministeriums für Arbeit und Soziales Baden-Württemberg zum Download bereit.
Hinweis für die Redaktionen:
In der Regel wird Armut als relativer Abstand zu den in einer Gesellschaft üblichen Lebensbedingungen beschrieben. Wirtschaftlich schwierige Notlagen sind dabei ein zentraler, aber nicht der einzige Aspekt von Armut. Die Armutsdefinition knüpft an das Armutsverständnis der EU an, wonach Menschen arm sind, die über so geringe Mittel verfügen, dass sie von der Lebensweise ausgeschlossen sind, die in dem Mitgliedstaat, in dem sie leben, als Minimum annehmbar ist. Armut wird demnach in einem weiteren Sinn als Mangel an Teilhabe- und Verwirklichungschancen verstanden. Dieser betrifft alle zentralen Lebensbereiche wie Bildung und Erziehung, Gesundheit, Wohnen sowie den Zugang zum Arbeitsmarkt.
Armut lässt sich nicht in Zahlen ausdrücken und ist daher statistisch nicht messbar. Sie ist nicht nur abhängig von dem Umfeld, mit dem Personen verglichen werden und damit relativ. Armut wird auch beeinflusst von subjektiver Wahrnehmung. Daher wird in der Statistik auf den definierten Begriff der „Armutsgefährdung“ als einer rechnerischen Größe abgestellt; es wird nicht Armut gemessen.
Als armutsgefährdet gilt, wer über weniger als 60% des durchschnittlichen gewichteten Medianeinkommens aller Lebensformen des jeweiligen Bezugsumfeldes verfügt. Dabei wird als Bezugsumfeld meistens das Land Baden-Württemberg oder die Bundesrepublik Deutschland herangezogen. Bezogen auf das Jahr 2007 lag das gewichtete Medianeinkommen in Baden-Württemberg bei monatlich 1.370 Euro, in der Bundesrepublik Deutschland bei monatlich 1.213 Euro. Angesichts dieser unterschiedlichen Ausgangswerte ergeben sich unterschiedliche Zahlen zur Armutsgefährdung, je nachdem auf welche Bezugsgrundlage abgestellt wird.
Ein Unterschreiten der Armutsgefährdungsschwelle (60 % dieses Medianeinkommens) bedeutet jedoch noch nicht, dass Armut tatsächlich eingetreten ist. Grundsätzlich unberücksichtigt bleiben in der gesamten statistischen Betrachtung der Armutsgefährdung das vorhandene Vermögen aber auch die Schuldverpflichtungen und sonstige Ausgaben.
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1)In der Regel wird Armut als relativer Abstand zu den in einer Gesellschaft üblichen Lebensbedingungen beschrieben. Als armutsgefährdet gilt, wer über weniger als 60% des durchschnittlichen gewichteten Medianeinkommens aller Lebensformen in Baden-Württemberg verfügt.
Quelle: Landesportal Baden-Württemberg