Frühförderung für alle Kinder sichern
Erhebliche Probleme bei Umsetzung der Komplexleistung festgestellt
Hintergrund ist die mangelnde Umsetzung der diesbezüglichen Bestimmungen des Neunten Sozialgesetzbuches (SGB IX) und der Frühförderungsverordnung. Seit dem Inkrafttreten des SGB IX im Jahre 2001 haben behinderte Kinder oder Kinder mit Entwicklungsverzögerung einen Anspruch darauf, dass die Frühförderung in Frühförderstellen oder Sozialpädiatrischen Zentren als interdisziplinäre „Komplexleistung“ erbracht wird. Das bedeutet, das heilpädagogische und therapeutische Leistungen gemeinsam – „wie aus einer Hand" – bei den zuständigen Rehabilitationsträgern auf der Grundlage eines Förder- und Entwicklungsplans beantragt, genehmigt und erbracht werden.
Wie ein Gutachten im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vor kurzem gezeigt hat, sieht die Realität anders aus: Die Komplexleistung wird nur in wenigen Bundesländern realisiert. Die beiden zuständigen Rehabilitationsträger, Krankenkassen und die Träger der Sozialhilfe, können sich über die Aufteilung der Kosten oftmals nicht verständigen. Das hat zur Folge, dass die betroffenen Kinder bzw. ihre Eltern den Rechtsanspruch auf die Komplexleistung nicht überall verwirklichen können: Die Versorgungschancen der Kinder werden von regionalen Gegebenheiten abhängig. Die Schaffung von ungleichen Rahmenbedingungen für die gesundheitliche Entwicklung der Kinder und deren Teilhabemöglichkeiten sind nicht hinnehmbar.
Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege, Behinderten-, Eltern- und Fachverbände weisen in Ihrer gemeinsamen Stellungnahme auf die zentralen Probleme bei der Umsetzung der Komplexleistung Frühförderung hin, schlagen Lösungsmöglichkeiten vor und benennen Verantwortlichkeiten. Sie fordern insbesondere die Bundesministerien für Gesundheit sowie für Arbeit und Soziales auf, für die Umsetzung geltenden Rechts zu sorgen. In dem Schreiben an die zuständigen Staatssekretäre in beiden Ministerien heißt es: „Die Verbände erwarten, dass die von ihnen formulierten Vorschläge, die sich weitgehend auf die Umsetzung geltenden Rechts beziehen, aufgegriffen und umgesetzt werden, da sich andernfalls das gegliederte System der sozialen Sicherung in einem zentralen Punkt als entwicklungsunfähig erwiese.“
Die Stellungnahme ist im Internet unter www.beb-ev.de im Bereich „Sozialpolitik“ abrufbar.
Der Bundesverband evangelische Behindertenhilfe e.V. ist ein Fachverband im Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche Deutschland. Seine rund 600 Mitgliedseinrichtungen halten Angebote für mehr als 100 000 Menschen mit Behinderungen oder psychischen Erkrankungen aller Altersstufen bereit. Damit deckt der BeB bundesweit annähernd 50 Prozent der Angebote der Behindertenhilfe sowie wesentliche Teile der Sozialpsychiatrie ab. Als Zusammenschluss von evangelischen Einrichtungen, Diensten und Initiativen fördert, unterstützt und begleitet der BeB Menschen mit Behinderungen oder psychischer Erkrankung und ihre Angehörigen.
Quelle: Bundesverband evangelische Behindertenhilfe e.V. (BeB)