Babyklappen geben dem Leben eine Chance

„Die Babyklappe ist eine Hilfe, dem Leben eine Chance zu geben.“ Oberkirchenrat Dieter Kaufmann, Vorstandsvorsitzender des Diakonischen Werks Württemberg, nannte das Angebot einen unverzichtbaren Baustein in der Versorgung Schwangerer. Kürzlich wurde das 20. Kind in der vor acht Jahren eingerichteten Babyklappe beim Weraheim in Stuttgart abgegeben.

Stuttgart - Kaufmann bemängelte, dass die Bundesregierung das Elterngeld für Hartz-IV-Bezieher streichen wolle. Damit erhöhe sich der Druck auf Frauen, von denen 75 Prozent in den diakonischen Beratungsstellen auch finanzielle Gründe als Ursache für ihren Schwangerschaftskonflikt angäben. Auch kritisierte er den Beschluss des Ethikrats, die Babyklappen abzuschaffen, weil sie dem Kind das Recht auf Kenntnis der Herkunft nähmen. Thilo Rentschler, Vorsitzender des Stiftungsrats des Weraheims und Vorstand von Mariaberg e.V., bekräftigte: „Die Chance auf ein gerettetes Leben wiegt schwerer als das Handicap einer dauerhaft anonymen Herkunft.“ Die Babyklappe lohne sich, wenn auch nur ein Baby dadurch vor dem Tod gerettet werde. Carola Strauß, Sprecherin des Vorstands und Leiterin des Weraheims, unterstrich dies: „Das Weraheim reagiert mit seiner Babyklappe auf die Not der Frauen. Sie ist das letzte Glied in der Reihe der Hilfekette und als solches unverzichtbar.“ „Wir fragen nicht – wir helfen“ ist das Motto der Babyklappe. Unbürokratisch und schnell für das Kind da zu sein, ist für Carola Strauß wichtig. Als Gründe für die Entscheidung von Müttern, ihr Kind in die Babyklappe zu legen, nannte Strauß Zukunftsängste, finanzielle Nöte, ungesicherte Wohnungsverhältnisse, keine Partner oder Familien, die unterstützen, oder schlechte Erfahrungen mit Ämtern. „Inmitten dieser Sorgen findet ein Kind manchmal keinen Platz“, so Carola Strauß. Oft würden die Schwangerschaften erst spät oder gar nicht bemerkt, die Frauen sind von der Geburt überrascht, entbinden ihr Kind selbst und blicken ohne Zuversicht in die Zukunft. Sechs der Mütter, die ihr Kind abgegeben hatten, nahmen die Beratung des Weraheims in Anspruch, fünf davon haben ihre Kinder wieder zu sich genommen. Eine davon ist Sonja K. Vor etwa einem Jahr hat die 26-Jährige ihr Neugeborenes in der Babyklappe abgelegt. Auch bei ihr war die Schwangerschaft unbemerkt, die leichte Gewichtszunahme schrieb sie Stress und der Fast-Food-Ernährung zu. Sie entband den kleinen Benni zu Hause und gab ihn, noch unter Schock, im Weraheim ab. Vier Tage später meldete sie sich dort, nahm die Hilfe an und wohnt nun mit ihrem Sohn dort. Die Unterstützung im Weraheim zeigt Müttern einen Weg zum Leben mit ihrem Kind auf. „Durch die Beratungen wurde deutlich, dass die von Müttern subjektiv als ausweglos empfundene Situation objektiv betrachtet nicht hoffnungslos war“, sagt Strauß. Die Leiterin des Weraheims sieht bei allen Frauen, die ihr Kind abgegeben haben, eine Gemeinsamkeit: „Sie übernehmen ein hohes Maß an Verantwortung für ihr Neugeborenes. Egal, wie aussichtslos die Situation erscheint, sie geben ihrem Kind eine Chance auf Leben.“ Sonja K. kann sich heute ein Leben ohne ihren Sohn Benni nicht mehr vorstellen.

Quelle: Pressemitteilung des Diakonischen Werkes der evangelischen Kirche in Württemberg e.V. vom 22.10.2010
http://www.diakonie-wuerttemberg.de