BAG Wohnungslosenhilfe e.V. fordert gerechten Regelsatz statt Rechentricks nach Kassenlage
Wohnungslosigkeit 2009 und 2010 angestiegen
Bielefeld - Die minimale Steigerung des neuen Regelsatzes, der zum 1.1.2011 um 5 € (von 359 € auf 364 €) steigen soll, wurde durch eine von der Regierung bislang verschwiegene Änderung der Berechnungsgrundlage erreicht. Im Gegensatz zur seit dem 1.1.2005 geltenden Bestimmung der Referenzgruppen wurden bei den Einpersonenhaushalten nicht mehr die untersten 20 % der nach dem Haushaltsnettoeinkommen geschichteten Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008 (EVS) verwendet, sondern nur noch die untersten 15 %. Nur bei den Familienhaushalten wurden - wie bisher - die untersten 20 % verwandt. Mit diesem methodischen Trick wurde der Regelsatz für Alleinstehende künstlich heruntergerechnet. Die Herausnahme von Tabak und Alkohol ist ein weiterer statistischer methodischer Trick: Das Warenkorbmodell geht von durchschnittlichen Ausgabengruppen pro Haushalt aus, d.h. nicht jeder Haushalt verbraucht das Gleiche. Das Herausrechnen von 11,08 € für Tabak und 8,11 € für Alkohol unterstellt de facto, alle Hartz IV- Haushalte hätten die gleichen Konsumgewohnheiten. Dies ist methodisch völlig unhaltbar. Vielmehr geht das Warenkorbmodell zu Recht von der Möglichkeit aus, dass die Ausgabenanteile innerhalb der Verbraucherhaushalte variieren. Überdies wird mit diesem Herangehen regierungsamtlich indirekt das Vorurteil genährt alle Hartz IV- Bezieher seien Raucher und Trinker. Dr. Thomas Specht, Geschäftsführer der BAG Wohnungslosenhilfe: „Das neue Modell ist weder gerecht noch transparent. Es diskriminiert eindeutig die Alleinstehenden unter den Hartz-IV Beziehern. Es arbeitet mit geschickten statistischen Manipulationen, die man nur als Trickserei nach Kassenlage bezeichnen kann. Der jetzt beschlossene Regelsatz und das weitere Sparpaket sind ein neuer Höhepunkt in der Politik der sozialen Ausgrenzung. Der Sozialstaat ist offensichtlich nicht mehr für alle da!“ Die BAG Wohnungslosenhilfe weist darauf hin, dass nach ersten Untersuchungen die Zahl der Wohnungslosen von 2008 auf 2009 um 6 % und die Zahl der von Wohnungsverlust Bedrohten um ca. 8 % angestiegen ist. Dieser Trend hat sich im ersten Halbjahr 2010 schon fortgesetzt. Der heruntergerechnete und nicht bedarfsgerechte Regelsatz wird zusammen mit den anderen Sparbeschlüssen dazu beitragen, dass die Wohnungslosigkeit in Deutschland deutlich zunehmen wird. In der laufenden Kampagne der BAG W „Der Sozialstaat gehört allen!“ fordert die BAG W zudem bessere Regelungen für Unter-25-Jährige, gezielte Förderprogramme zur Integration Wohnungsloser in den Arbeitsmarkt und eine bessere Gesundheitsversorgung. (s. auch www.der-sozialstaat-gehoert-allen.de) Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte anDr. Thomas Specht, Gf BAG W, (05 21)1 43 96 – 15 oder an
Werena Rosenke, stellv. Gf, Presse&ÖA, (05 21) 1 43 98 – 11,
werenarosenke@bagw.de Die BAG Wohnungslosenhilfe ist die bundesweite Dachorganisation der Einrichtungen und der sozialen Dienste der Wohnungslosenhilfe sowie der verantwortlichen und zuständigen Sozialorganisationen im privaten und öffentlichen Bereich. Unsere Mitglieder vertreten insgesamt ca. 1.200 Dienste und Einrichtungen, dazu gehören ambulante Fachberatungsstellen, Angebote des Betreuten Wohnens, stationäre Einrichtungen mit Heimen und Wohnhäusern, Projekte für junge Erwachsene, spezifische Angebote für wohnungslose Frauen, medizinische Hilfen für Wohnungslose, Betriebe und Projekte zur beruflichen und beschäftigungsbezogenen Qualifizierung und Integration.
Quelle: Pressemitteilung der BAG Wohnungslosenhilfe e.V. vom 27.09.2010
http://www.bag-wohnungslosenhilfe.de