Deutscher Städtetag befürwortet bessere Leistungen für bedürftige Kinder – Protest gegen Verzicht auf Kinderwohngeld
Erste Bewertung zum Gesetzentwurf des Bundesarbeitsministeriums
Der Gesetzentwurf des Bundesarbeitsministeriums zur Änderung des Sozialgesetzbuches II (SGB II) verbessert nach einer ersten Einschätzung des Deutschen Städtetages die Leistungen für bedürftige Kinder und Jugendliche. Zahlreiche Umsetzungsfragen sind dagegen noch offen. Für völlig inakzeptabel halten die Städte die Pläne, das Wohngeld für Kinder von Langzeitarbeitslosen zu streichen und damit die kommunalen Haushalte mit mindestens 120 Millionen Euro zusätzlich zu belasten. Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Dr. Stephan Articus, sagte heute: „Dass der Bund zusätzliche Leistungen übernimmt, um die gesellschaftliche Teilhabe und die Bildungschancen von bedürftigen Kindern und Jugendlichen besser zu fördern, ist richtig und notwendig. Das vorgeschlagene Verfahren eines Nebeneinanders von Gutscheinen, Geldleistungen und Direktzahlungen an Leistungsanbieter erscheint jedoch zu kompliziert, um Schulausflüge, Lernförderung, Mittagessen und weitere Leistungen für Kinder zu organisieren. Aus Sicht der Städte wäre es sinnvoll, flexible Lösungen vor Ort zuzulassen, die bereits bestehende Strukturen nutzen.“ Nur so könne gewährleistet werden, dass Kinder und Jugendliche im SGB II-Bezug nicht anders behandelt werden als Kinder und Jugendliche, die Sozialhilfeleistungen beziehen bzw. andere Kinder, denen in den Kommunen freiwillige Leistungen gewährt werden. Der Deutsche Städtetag protestiert heftig gegen die vorgeschlagene Streichung des sogenannten Wohngeldvorrangs bzw. des Kinderwohngeldes, die die Kommunen nach Berechnungen des Bundesarbeitsministeriums mit mindestens 120 Millionen Euro belasten wird. Bislang konnten insbesondere Kinder, die aufgrund von Unterhaltszahlungen nicht auf Sozialgeld angewiesen waren, ergänzend das von Bund und Ländern je zur Hälfte finanzierte Wohngeld in Anspruch nehmen. In Zukunft sollen diese Kinder ebenfalls auf die Grundsicherung für Arbeitsuchende verwiesen werden und anstelle des Wohngeldes kommunal finanzierte Unterkunftskosten im SGB II in Anspruch nehmen. Articus: „Handstreichartig werden die kommunalen Haushalte mit zusätzlichen Unterkunftskosten belastet. Dieser Vorschlag wurde nie im bisherigen Verfahren erörtert. Nach ersten Schätzungen könnte es sich um mehr als 80.000 Kinder – der Gesetzentwurf spricht von 92.000 Fällen – bundesweit handeln, für deren Unterkunftskosten die Kommunen zusätzlich gerade stehen müssten. Während in der Gemeindefinanzkommission in mühsamer Kleinarbeit über Entlastungen der Kommunen nachgedacht wird, werden hier mit einem Federstrich zusätzliche Belastungen eingeführt. Das ist nicht akzeptabel.“ Der Bund dürfe nicht permanent Ausgaben auf die Kommunen verschieben. Das habe der Deutsche Städtetag bereits im Zusammenhang mit dem Sparpaket der Bundesregierung mehrfach kritisiert: Die darin vorgesehene Streichung der Rentenversicherungsbeiträge für SGB II Empfänger, die jetzt durch den vorliegenden Gesetzentwurf umgesetzt werden soll, werde die Sozialausgaben in den kommunalen Haushalten in den nächsten Jahren und Jahrzehnten immer stärker in die Höhe treiben, weil die Kommunen für die Grundsicherung im Alter aufkommen. Zum Vorschlag des Ministeriums, die Kommunen über die Länder zu ermächtigen, die Angemessenheit der Unterkunftskosten im SGB II durch Satzungen zu regeln und auch eine örtliche – nicht bundesweite – Pauschalierung der Unterkunftskosten zu ermöglichen, sagte Articus: „Satzungen auf freiwilliger Basis sind vertretbar, weil dann Kommunen selbst entscheiden, ob sie zum Beispiel nach ihren örtlichen Gegebenheiten Unterkunftskosten pauschalieren können. Für den falschen Weg halten wir dagegen die Variante einer möglichen Verpflichtung der Kommunen in einzelnen Ländern zu Satzungen, die die Angemessenheit der Unterkunftskosten regeln. Hier sollte wie bei der Pauschalierung auf Freiwilligkeit gesetzt werden.“ Im Übrigen könne eine kommunale Regelung der Angemessenheitsgrenzen nur auf der Grundlage der Rechtsprechung zum Existenzminimum erfolgen und sei nicht ins Belieben gestellt. Es wäre daher falsch, so Articus, einen Sozialabbau zu befürchten oder große Einsparungen bei den kommunalen Haushalten zu erwarten.Quelle: Pressemitteilung des Deutschen Städtetages vom 21.09.2010
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