Diakonie sieht Reform der Grundsicherung weiterhin kritisch
Berlin, (DW EKD) - Die Diakonie sieht den Gesetzesentwurf der Regierungskoalition zur Reform der Grundsicherung nach wie vor sehr kritisch. „Bei der Überarbeitung wurden nur marginale Änderungen vorgenommen, die grundlegenden Probleme bleiben weiterhin bestehen“, sagt Kerstin Griese, sozialpolitischer Vorstand des Diakonischen Werkes der EKD. „Vom breit kommunizierten Paket für Bildung und Teilhabe ist wenig übrig geblieben. Von nur 10 Euro im Monat sollen Sportverein, Musikunterricht, Ferienfreizeiten und vieles andere für Kinder und Jugendliche bezahlt werden“, so Griese. Bei der Erstattung des Mittagessens in Schule und Kita gebe es nach wie vor offene Fragen, da der Eigenanteil bei Krankheit oder in den Schulferien neue Lücken aufreiße. „Da die Regelsätze für Kinder zugleich noch eingefroren werden, bedeutet die Neuregelung unterm Strich für viele Familien eine Kürzung“, betont Griese. Die Neuberechnung der Regelsätze sei bei allen Wohlfahrtsverbänden auf umfassende Kritik gestoßen. „Es scheint, dass nicht sozialpolitische Überlegungen für die Berechnung der Leistungshöhe maßgeblich waren, sondern Sparvorgaben“, kritisiert Griese. Die nur geringe Erhöhung des Regelsatzes koste den Staat 4,74 Milliarden Euro mehr bis 2014. Allerdings plane er mit dem Sparpaket im selben Zeitraum Einsparungen allein von 14,22 Milliarden Euro durch Kürzungen und Streichungen bei der Grundsicherung – arbeitsmarktpolitische Leistungen, Rentenversicherungsbeiträge, Elterngeld und Wohngeld.Es falle auf, dass die bei den Regelsätzen vorgenommenen Abzüge zu großen Teilen in Bereichen der gesellschaftlichen Teilhabe, der kulturellen oder sportlichen Beschäftigung vorgenommen worden seien. Solche Aktivitäten seien aber über die rein physische Existenzsicherung hinaus für ein selbstbestimmtes Leben wichtig. „Das erweckt den Eindruck, dass sozial benachteiligten Menschen die Teilnahme und selbstbestimmte Lebensführung verweigert wird, die das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich bekräftigt hat“, betont Griese. Am Ende dieses Verfahrens gebe es nicht nur neue, geringfügig erhöhte Regelsätze, sondern auch ein verschärftes Sanktionsrecht, verkürzte Verfahrenswege bei Widersprüchen, eine stärkere Anrechnung verschiedener Formen von Einkünften, eine Umkehr der Beweislast bei Widersprüchen, ein regional zersplittertes Recht bezüglich der Kosten der Unterkunft und neue Rentenlücken für die Leistungsberechtigten. Nach Ansicht der Diakonie muss sich die Neugestaltung der Grundsicherung daran orientieren, wie Armutsbekämpfung effektiv unterstützt und notwendige Bedarfe gesichert werden können. Ergänzend zur Verbesserung der Grundsicherung ist aus Sicht des evangelischen Wohlfahrtsverbandes ein Infrastrukturpaket notwendig, das soziale und kulturelle Teilhabe von Kindern und Jugendlichen sichern hilft. Außerdem hält die Diakonie Regelungen für notwendig, die der besonderen Verantwortung der Arbeitgeber für existenzsichernde Löhne gerecht werden.
Downloads
- Stellungnahme zur Anhörung Regelsatzbemessung SGB II und XII (pdf, 225,93 KB)
- Zusammenfassung der Bewertung des Diakonischen Werkes der EKD (pdf, 82,51 KB)
Quelle: Pressemitteilung des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland e.V. vom 19.11.2010
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