Fachkräftemangel mit assistierten Ausbildung entgegenwirken

Das Projekt carpo nutzt bisher ungenutzte Ausbildungspotentiale. Bis zu 500 Jugendliche mit Förderbedarf finden regulären Ausbildungsplatz.

Stuttgart - Benachteiligte Jugendliche in reguläre Ausbildung zu bringen, ist das Ziel des Projekts carpo, das gemeinsam vom Paritätischen Wohlfahrtsverband Baden-Württemberg und der Diakonie Württemberg durchgeführt wird. Bei Halbzeit des Projekts konnten bereits 182 Jugendliche vermittelt werden, bis Ende des Projekts werden es bis zu 500 junge Menschen sein. „Circa 20 Prozent der ausbildungswilligen Jugendlichen haben Schwierigkeiten, einen Ausbildungsplatz zu erhalten. Und das, obwohl absehbar, ist, dass wir in Zukunft zu wenige Fachkräfte haben werden. carpo nutzt die Potentiale im eigenen Land und bringt Jugendliche mit Förderbedarf in reguläre Ausbildungsstellen“, so Kirchenrätin Heike Baehrens, stellvertretende Vorstandsvorsitzende des Diakonischen Werks Württemberg. „Mit carpo bieten wir einen Baustein zur Lösung der Zukunftsprobleme auf dem Ausbildungsmarkt“, betont Anne Mettler vom Paritätischen Wohlfahrtsverband Baden-Württemberg. Junge Menschen mit Förderbedarf werden durch die Träger der Jugendberufshilfe durch ein passgenaues Dienstleistungsangebot unterstützt. Dazu gehören eine intensive Vorbereitungsphase mit Berufsorientierung, Bewerbungstraining und Betriebspraktikum, eine passgenaue Vermittlung in einen Ausbildungsbetrieb sowie die Begleitung während der Ausbildung durch Alltagsunterstützung, Hilfe bei schulischen und betrieblichen Fragen sowie Konfliktvermittlung. „Assistierte Ausbildung nutzt bisher ungenutzte Ausbildungspotentiale und schafft für Nachwuchskräfte suchende Betriebe eine win-win-Situation“, so Anne Mettler weiter. Von Anfang an hat das Sozialministerium Baden-Württemberg das Projekt unterstützt. „Das Konzept der assistierten Ausbildung fügt sich nahtlos in unsere Anstrengungen zur Integration benachteiligter junger Menschen ein“, betont Thomas Halder, Amtschef des Sozialministeriums Baden-Württemberg. Das Land Baden-Württemberg fördert carpo über  Mittel aus dem Europäischen Sozialfond und eigene Landesmittel. „Um den weiteren Ausbau zu unterstützen, werden wir für das Projekt carpo noch im laufenden Jahr 2010 zusätzliche 450.000 Euro Landesmittel bereitstellen.“ Für Thomas Halder ist das Projekt ein Meilenstein der Jugendberufshilfe, da es durchgängige Begleitung und Unterstützung chancenärmerer junger Menschen gewährleistet. Und es hilft Ausbildungsbetrieben: „Mit dem Angebot der sozialpädagogischen Begleitung können Betriebe motiviert werden, mit Jugendlichen, die aus ihrer Sicht noch nicht ausbildungsreif sind, einen Ausbildungsvertrag zu schließen.“ carpo erreicht speziell drei Zielgruppen: Jugendliche mit Migrationshintergrund, junge Mütter und Väter sowie Jugendliche, die einen geschlechteruntypischen Beruf ergreifen wollen. Für jede der Gruppen werden passgenaue Hilfen angeboten. So können junge Mütter z.B. in eine Teilzeitausbildung vermittelt werden, damit sie Familie und Beruf besser unter einen Hut bringen können. 421 Jugendliche wurden bisher erreicht. Nur zehn Prozent haben bisher eine Ausbildung abgebrochen. Ein Drittel der belegten Ausbildungsplätze wurden zusätzlich von den Betrieben geschaffen. „Assistierte Ausbildung erhöht also nachhaltig die Berufsperspektiven für benachteiligte junge Menschen und führt dazu, dass Betriebe zusätzliche Ausbildungsplätze schaffen“, zieht Anne Mettler vom Paritätischen Wohlfahrtsverband Bilanz. „Es bedeutet mir sehr viel einen Ausbildungsplatz zu haben“, sagt Metin Savas. Der 17-Jährige hatte zuvor eine Ausbildung abgebrochen und beginnt jetzt im September eine Ausbildung zum Maurer. Dieser Beruf war schon immer sein Wunsch und durch die Unterstützung von carpo konnte er an einen kleinen Familienbetrieb vermittelt werden. Auch Jennifer Visnovsky hat mit der Hilfe des Projekts einen Ausbildungsplatz als Mediengestalterin gefunden. Die junge Mutter hatte bisher immer Absagen bekommen, weil den Firmen eine Auszubildende mit einem Kind zu riskant war. „Ich habe so viele Sachen versucht und nichts hat funktioniert“, erzählt die 23-Jährige „carpo hat mir wieder Selbstvertrauen und neuen Lebensmut gegeben“. Der besondere Charme des Projekts liegt für Heike Baehrens in der gemeinsamen Verantwortungspartnerschaft von Wirtschaft,  Politik, Arbeitsagenturen und sozialen Verbänden. „Wenn es gelingt, die Ziele, Methoden und Kooperationsbeziehungen von carpo zu nutzen und als tragfähiges und flächendeckendes Angebot in Baden-Württemberg zu verankern, dann kann zukünftig eine noch wesentlich größere Zahl von benachteiligten Jugendlichen integriert werden.“ Für Kirchenrätin Heike Baehrens von der württembergischen Diakonie ist dies ein wirksamer Beitrag gegen Fachkräftemangel und soziale Ausgrenzung. Carpo hat im Jahr 2008 begonnen und läuft als Projekt des Europäischen Sozialfonds zunächst bis Ende 2011. Eine Weiterförderung ist geplant. Die assistierte Ausbildung wird an 10 Standorten in Baden-Württemberg angeboten. Die Gesamtkosten liegen bei 6,6 Millionen Euro einschließlich Ausbildungsvergütungen (2,8 Millionen Euro), die gemeinsam getragen werden vom Europäischen Sozialfonds, dem Land Baden-Württemberg, der Bundesagentur für Arbeit und den Ausbildungsbetrieben.

Quelle: Pressemitteilung des Diakonischen Werkes Württemberg e.V. vom 04.08.2010
http://www.diakonie-wuerttemberg.de