Krankenhaushygieneverordnung tritt zum Jahreswechsel in Baden-Württemberg in Kraft
Gesundheitsministerin Dr. Monika Stolz: „Wir verbessern den Schutz vor gefährlichen Krankenhauskeimen“
„Es darf nicht sein, dass man kränker aus einem Krankenhaus herauskommt, als man hineingegangen ist. Deshalb müssen wir den Schutz vor gefährlichen Krankenhauskeimen intensivieren“, sagte Gesundheitsministerin Dr. Monika Stolz am Mittwoch (1.12.). „Schon heute sind die Krankenhäuser verpflichtet, Hygieneregeln zu beachten. Aber dennoch infizieren sich jährlich mehr als 500.000 Menschen bundesweit in medizinischen Einrichtungen durch multiresistente Erreger (MRE), davon etwa 20.000 bis 40.000 mit tödlichem Ausgang. „Diese Zahlen zeigen, dass ein weiterer Handlungsbedarf besteht, dem durch den Erlass der Krankenhaushygieneverordnung Rechnung getragen werden soll. Sie soll zum 1. Januar 2011 in Kraft treten.“ Für MRSA (Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus) besteht seit dem vergangenen Jahr eine Meldepflicht. Mit dem direkten Labornachweis in Blut oder Liquor werden jedoch nur klinisch schwere Fälle mit Sepsis erfasst. Diese Blutvergiftung ist ein lebensbedrohliches Krankheitsbild, das entsteht, wenn Krankheitserreger aus einem Infektionsherd in den Blutstrom eindringen. Bisher werden vom RKI (Robert Koch Institut) für Baden-Württemberg 206 (Stand 24.11.) solch schwerer Krankheitsfälle für 2010 gezählt. Stolz verwies neben dem großen menschlichen Leid auf die medizinischen Kosten, die vermieden werden können. „Es steht fest, dass durch die MRE-Infektionen beträchtliche Mehrkosten verursacht werden“, so Stolz. Der „Methicillin-resistente Staphyllococcus aureaus“, zählt zu den bakteriellen Organismen mit einem hohen Risikopotential für bestimmte Personengruppen. Er kann bei geschwächtem Immunsystem schwere bis tödlich verlaufende Infektionen verursachen und ist mittlerweile in nahezu allen Krankenhäusern, Reha-Einrichtungen und Pflegeheimen verbreitet. MRE kann durch Mitpatienten, Pflegekräfte oder Ärzte übertragen werden und verursacht dadurch oftmals schwer auszumachende Infektketten. Der Erreger ist resistent gegen Antibiotika vom Penicillin-Typ sowie zunehmend gegen weitere Antibiotikaklassen. Dies macht die Behandlung so schwierig. „Mit unserer Krankenhaushygieneverordnung schaffen wir landeseinheitliche Regeln für ein effizientes Hygienemanagement in medizinischen Einrichtungen. Nicht nur der hygienische Sachverstand spielt dabei eine wesentliche Rolle. Durch Vorgaben zur Organisation und Ausstattung mit Fachpersonal sollen in jedem Krankenhaus die Strukturen geschaffen werden, um gezielte Hygienemaßnahmen voranzubringen. Hierzu gehört beispielsweise auch die Einsetzung einer Hygienekommission, damit die möglichen Infektionsquellen ermittelt und ihre Ursachen bekämpft werden“, erläuterte die Ministerin. Parallel dazu setze Baden-Württemberg darauf, dass der Bund für eine bundeseinheitliche Kostenerstattung für Vorsorgeuntersuchungen – wie beispielsweise ein allgemeines Screening – und notwendige Sanierungsmaßnahmen sektorenübergreifend sorgt. „Das dient dem Schutz der Patienten“, betonte Stolz. Neben der neuen Resistenzbildung sei die Weiterverbreitung der resistenten Keime maßgeblich für den Anstieg von antimikrobiell-resistenten Infektionserregern in Deutschland verantwortlich. „Daneben ist aber auch die sachgemäße Anwendung von Antibiotika in der Humanmedizin wichtig“, erklärte Stolz. „Verschiedene Erhebungen zeigen, dass ein Zusammenhang zwischen dem nationalen Verbrauch von Antibiotika im ambulanten Bereich und den unterschiedlichen nationalen Resistenzraten in Europa besteht. Länder, die zurückhaltend mit Antibiotika umgehen, verzeichnen niedrige Resistenzraten. Länder mit einem großzügigen Antibiotikaverbrauch haben dagegen sehr hohe Resistenzraten“, schilderte die Ministerin. Klar sei aber auch, dass eine einzelne Maßnahme in einer einzelnen Einrichtung nicht zum erwünschten Erfolg führen werde. Stolz sagte: „Bei unseren Bemühungen, die Weiterverbreitung der Erreger einzudämmen, müssen wir den gesamten Bereich der Krankenversorgung und Pflege in den Blick nehmen. Dazu sind regionale Netzwerke unter Einbeziehung von Gesundheitsämtern, den niedergelassenen Ärzten, Kliniken und Heimen zu bilden, um den Informationsfluss an den Schnittstellen der genannten Einrichtungen über MRE‑Keimträgerschaft zu verbessern.“ Erste Erfahrungen zu MRE-Netzwerken wurden bereits in den fünf Pilotkreisen Böblingen, Enzkreis, Heidenheim, Lörrach und Waldshut gesammelt. In gemeinsamen Gesprächen aller Beteiligten wurden beispielsweise Problemfälle besprochen und Lösungsansätze erarbeitet. „Bei der vom Landesgesundheitsamt vorgeschlagenen Konzeption zur Bildung der MRE-Netzwerke geht es unter anderem um die Erleichterung der Übernahme von MRE‑Keimträgern in andere klinische Einrichtungen oder um ein einheitliches Vorgehen bei Screening-Untersuchungen“, erläuterte Stolz. Insgesamt habe sich in der Pilotphase gezeigt, dass ein einmaliges, für die Kliniken kostenloses Screening auf MRSA von Vorteil sei. „Ein Teil der MRSA-positiven Patienten wäre nach den üblichen Kriterien nicht gescreent worden, da bei ihnen keine definierten Risikofaktoren vorlagen. Das zeigt, wie wichtig eine bundesweite Kostenregelung ist“, so die Ministerin. Die Krankenhaushygieneverordnung kann unter www.sozialministerium-bw.de/de/Aktuell diskutierte Gesetzentwuerfe und Gesetze/208290.html heruntergeladen werden. Ein Beispiel für theoretisch vermeidbare Kosten finden Sie unter nachstehender pdf: PDF 52.6 KBQuelle: Pressemitteilung des Ministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familien und Senioren Baden-Württemberg vom 01.12.2010
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