„Kultur des Hinschauens“

Humanistischer Verband in Berlin verabschiedet interne Richtlinie zum Schutz des Kindeswohls

Der Humanistische Verband in Berlin hat eine eigene „Richtlinie zum Schutz des Kindeswohls - Prävention von sexuellen Übergriffen und Verhalten bei Verdachtsfällen" zur Anwendung in seinen eigenen Einrichtungen und Projekten verabschiedet. Die Richtlinie begreift der Verband als ein Mittel, vorsorglich die Aufmerksamkeit seiner Angestellten auf das sensible Thema „Kindeswohlgefährdung durch Misshandlung oder Missbrauch" zu lenken. Vor dem Hintergrund der Aufdeckung der Missbrauchsvorfälle in katholischen und reformpädagogischen Einrichtungen hat sich der Humanistische Verband in Berlin mit dem Schutz des Kindeswohls in seinen Einrichtungen und Projekten auseinandergesetzt und bekennt sich klar zu seiner Verantwortung. Präventiv soll diese Richtlinie die bereits existierenden gesetzlichen Vorgaben zum Schutz des Kindeswohls ergänzen, die von allen Mitarbeiter/-innen selbstverständlich einzuhalten und in ihrer täglichen Arbeit zu berücksichtigen sind. Im Mittelpunkt der neuen Richtlinie steht der Anspruch, der Misshandlung oder dem Missbrauch von Kindern im Tätigkeitsbereich des HVD vorzubeugen sowie professionell zu handeln, wenn ein Misshandlungs- oder Missbrauchsverdacht besteht. Zentrales Element ist dabei die Entwicklung einer verbandsinternen Kultur des Hinschauens: „Wegschauen und Weghören ist niemandem gestattet - unabhängig davon, ob sich der Verdacht gegen jemanden von außen oder gegen Mitarbeiter/-innen im HVD richtet und unabhängig davon, ob es sich um ein aktuelles Geschehen oder ein zurückliegendes Ereignis handeln sollte." Damit thematisiert der HVD Berlin in seiner Kinderschutz-Richtlinie einen Bereich, den die gesetzlichen Vorgaben zur Kindeswohlgefährdung bisher außen vor lassen - die Möglichkeit einer Gefährdung des Kindeswohls in den pädagogischen Einrichtungen selbst. Die gesetzlichen Vorgaben konzentrieren sich auf die Pflichten der Pädagoginnen und Pädagogen bei Kindeswohlgefährdungen im häuslichen Bereich. Der Humanistische Verband in Berlin stellt in seiner Richtlinie das Kindeswohl an allererste Stelle, da es die Basis für eine gute Entwicklung von Kindern und Jugendlichen darstellt. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Humanistischen Verband in Berlin sind daher künftig verpflichtet, einen Missbrauchsverdacht in jedem Fall ihrer/ihrem Vorgesetzten mitzuteilen - auch und erst Recht wenn sich dieser Verdacht gegen Kolleginnen oder Kollegen richtet. In diesem Fall ist sofort Sorge zu tragen, dass „der Kontakt zum betroffenen Kind bzw. Jugendlichen bis zur Aufklärung des Sachverhalts unterbrochen wird." Die Richtlinie macht außerdem deutlich, dass sich verantwortliche Vorgesetzte schuldig machen können, wenn sie bei einem begründeten Tatverdacht nicht von einer Anzeige Gebrauch machen. „Das gilt auch für den Fall, dass Geschädigte darum gebeten haben, von einer Anzeige abzusehen. Im Gespräch mit Betroffenen muss daher darauf hingewirkt werden, dass einer Anzeige zugestimmt wird." Für die anonyme Meldung von Übergriffen und Verdachtsfällen wird ein Rechtsanwalt als unabhängige Person unter einer Notrufnummer zur Verfügung stehen. Darüber hinaus stellt der HVD auf Wunsch betroffenen Eltern und Angehörigen psychosoziale Hilfen zur Verfügung. Ferner haben die Landesgeschäftsführer der einzelnen Landesverbände des Humanistischen Verbandes auf ihrer letzten Sitzung beschlossen, die Richtlinie des Berliner Landesverbandes zu übernehmen. Der HVD Berlin ist Träger von 23 Kindertagesstätten und drei Jugendfreizeiteinrichtungen. Fast 50.000 Schüler/-innen nehmen berlinweit am humanistischen Lebenskundeunterricht teil. Der Jugendverband „Junge HumanistInnen" zählt circa 3.200 Mitglieder. Insgesamt erreicht der Verband mit seinen Angeboten in ganz Berlin deutlich mehr als 55.000 Kinder und Jugendliche in allen Altersgruppen. Die Richtlinie steht auf der Website des HVD als PDF-Datei (1,2 MB) zum Download bereit.

Quelle: Pressemitteilung des Humanistischen Verbandes Deutschland - Landesverband Berlin e.V. vom 12.07.2010
http://www.hvd-berlin.de