Mehr Transparenz bei Finanzierung sozialer Leistungen

Berliner Senat zieht Konsequenzen aus „Maserati-Affäre“

Das Land Berlin will mehr Transparenz bei der Finanzierung sozialer Leistungen erreichen. Tatsächliche Kosten, die bei sozialen Trägern entstehen, sollen bei den Entgeltverhandlungen zukünftig wieder berücksichtigt werden können. Die Sozialhilfeträger sollen sich unter anderem Einblick in die tatsächlichen Personalkosten verschaffen können. Die tarifliche Bezahlung von Mitarbeitern soll begünstigt und Gewinnspannen begrenzt werden können. Das Land Berlin wird einen entsprechenden Antrag auf Änderung des Sozialgesetzbuchs (SGB) XII – Sozialhilfe – in den Bundesrat einbringen. Das hat der Senat heute auf Vorlage der Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales, Carola Bluhm, beschlossen. Der Senat zieht mit seiner Bundesratsinitiative Konsequenzen aus der so genannten „Maserati-Affäre“. Die Affäre um einen teueren Dienstwagen und hohe Gehälter bei der Berliner „Treberhilfe“ hat die systematischen Probleme bei der Entgeltfinanzierung gerade bei gemeinnützigen Unternehmen im sozialen Bereich erneut deutlich werden lassen. Nach dem bisherigen System fließen die so genannten „Gestehungskosten“ – also die tatsächlichen Kosten einer konkreten Einrichtung etwa für Personal – nicht in deren Entgelte ein. Maßgeblich dafür sind vielmehr die am Markt gebildeten Preise. Folglich hat der Kostenträger – also die öffentliche Hand – auch keinen Anspruch darauf, Einblick in die Geschäftsunterlagen des Trägers zu nehmen. Der Träger muss lediglich nachweisen, dass er die Leistung zum vereinbarten Preis erbringt. Der Senat kann diese Grundsätze nicht einseitig ändern, da sie bundesrechtlich geregelt sind. Inzwischen zeichnet sich aber auch auf Bundesebene ein Umdenken ab. Im Bereich der Pflege ist der Bund von der Vorstellung abgerückt, dass das System allein durch Selbstregulierung des Marktes funktionieren kann. Auch das Bundessozialgericht (BSG) hat frühere Bewertungen korrigiert und bekräftigt, dass sich Kostensätze wieder stärker an den tatsächlichen Kosten orientieren sollen. In diesem Zusammenhang hat es in einem Urteil vom 29.01.2009 (Az.: B 3 P 6/08 R) auch erklärt, dass Tariflöhne stets als „wirtschaftlich angemessen“ zu gelten haben. Mit dieser Entscheidung hat es sich von der reinen Marktlogik abgewandt. Wer Tariflohn zahlt, konnte so unter Umständen zu teuer sein. Umgekehrt steigerte es die Gewinnmarge des Unternehmens, bei durchschnittlichen Entgelten seine Beschäftigten schlecht zu bezahlen. Damit die tatsächliche Bezahlung der Beschäftigten in die Entgelte einfließen kann, müssen betriebswirtschaftliche Daten offengelegt werden. Das soll nun im Wege der Berliner Bundesratsinitiative auch im SGB XII normiert werden. Neben mehr Transparenz bei der Finanzierung will der Senat mit der Gesetzesinitiative auch erreichen, dass der Staat ungerechtfertigt erzielte Gewinne aus nichterfüllten Vereinbarungen bezüglich Leistungen, Vergütungen oder Qualität unmittelbar zurückfordern kann. Auch das ist bislang nicht unmittelbar möglich.

Quelle: Pressemitteilung des Berliner Senats vom 29.06.2010
http://www.berlin.de/landespressestelle/archiv/2010/06/29/301156/index.html