Neue Herausforderung für die Behindertenhilfe

LWL: Bis 2030 leben fünf Mal so viele Menschen mit geistiger Behinderung über 60 in Westfalen-Lippe

Münster (lwl). Die Zahl der geistig behinderten Menschen in Westfalen-Lippe, die älter als 60 Jahre sind und betreut werden müssen, wird sich in den nächsten zwanzig Jahren fast verfünffachen. Wie auf einer Tagung des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) am Freitag (10.12.) in Münster bekannt wurde, werden in der Region 2030 rund 11.800 über 60jährige Menschen mit geistiger Behinderung leben (2010: 2.652). Nach Berechnungen der Katholischen Hochschule NRW werden dann fast 8.800 von ihnen in Heimen wohnen, das sind 47 Prozent aller Heimbewohner. Heute sind es erst 16 Prozent (2.195).

Lebenserwartung steigt

"Dank des medizinischen Fortschritts steigt die durchschnittliche Lebenserwartung für Menschen mit Behinderung stetig, ebenso wie die Überlebenschancen von frühgeborenen Kindern mit Behinderung", sagte LWL-Sozialdezernent Matthias Münning zu den Gründen. Immer mehr von ihnen könnten deshalb heute das Rentenalter erreichen. Gleichzeitig kämen zum ersten Mal, nachdem unter den Nazis eine ganze Generation von Menschen mit Behinderungen umgebracht wurde, behinderte Menschen, die nach dem Zweiten Weltkrieg geboren wurden, an die Altersgrenze. Münning: "Unsere Gesellschaft wird nicht nur älter und bunter, sondern auch behinderter." Die Katholische Hochschule NRW in Münster hat in Zusammenarbeit mit dem LWL für Menschen mit geistiger Behinderung Hochrechnungen erarbeitet, die erstmals Fachleuten auf einer Tagung über die Herausforderung des demographischen Wandels vorgestellt wurden.

Zehn Mal mehr Betreutes Wohnen

Bisher würden nur wenige geistig behinderte Senioren in ambulanten Wohnformen wie dem Betreuen Wohnen unterstützt, so Prof. Dr. Friedrich Dieckmann von der Katholischen Hochschule NRW (2010: 258). Die Zahl alter Menschen in diesen Wohnformen werde sich aber in den nächsten Jahren verzehnfachen (2030: 2.557). Die meisten dieser Menschen bräuchten dann professionelle Hilfe, weil Angehörige nicht mehr in der Lage sein werden zu helfen.

Neue Angebote

"Mit der wachsenden Zahl älterer Menschen mit Behinderung verändern sich die Anforderungen an die Behindertenhilfe, die mit neuen Angeboten reagieren muss", so Münning. Alle Einrichtungen wie etwa Krankenhäuser und Altenheime müssten sich auf diese neue Klientel einstellen. Die Träger der Wohneinrichtungen für behinderte Menschen müssten altersgerechte Angebote wie spezielle Wohn- oder Hausgemeinschaften entwickeln. Dabei würde der LWL sie unterstützen und geeignete Modellprojekte auch westfalenweit bekannt machen, kündigte Münning an. "Wichtig ist, dass wir möglichst viele Menschen in den eigenen vier Wänden betreuen, damit sie, so lange es geht, selbstständig bleiben können." Als Alternative zur stationären Unterbringung seien auch mehr Gastfamilien für Menschen mit Behinderung denkbar.

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Den vollständigen Bericht mit den Berechnungen finden Sie unter: http://www.lwl.org/spur-download/pdf/
zwischenbericht.pdf

Der LWL im Überblick

Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 13.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 19 Krankenhäuser, 17 Museen und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, den ein Parlament mit 101 Mitgliedern aus den Kommunen kontrolliert.

Quelle: Pressemitteilung des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) vom 10.12.2010
http://www.lwl.org