RWI: Entwurf zum GKV-Finanzierungsgesetz gut, aber teils unausgewogen
Krankenhäuser sind unverhältnismäßig stark von den Maßnahmen zur Kostendämpfung betroffen
Aus Sicht des RWI geht der Entwurf zum „Gesetz zur nachhaltigen und sozial ausgewogenen Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung“ zwar den richtigen Weg, weil die Ausgabenzuwächse künftig über Zusatzprämien in Verbindung mit einem Sozialausgleich finanziert werden sollen. Gleichzeitig ist er in einigen Bereichen unausgewogen. So sind im aktuellen Gesetzentwurf die Krankenhäuser unverhältnismäßig stark von den Maßnahmen zur Kostendämpfung betroffen. Stattdessen sollten die Belastungen gleichmäßiger auf die einzelnen Bereiche des Gesundheitswesens verteilt werden. Am 22.09.2010 will das Bundeskabinett das „Gesetz zur nachhaltigen und sozial ausgewogenen Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung“ (GKV-Finanzierungsgesetz, GKV-FinG) beschließen. Langfristiges Ziel ist, durch die Einführung einer Gesundheitsprämie mit Sozialausgleich die Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) grundsätzlich zu reformieren. Dazu stellt das GKV-FinG den ersten Schritt dar, indem es für die Zusatzprämien einen praktikablen Sozialausgleich etabliert. Zudem soll die für das kommende Jahr in der GKV befürchtete Finanzierungslücke in Höhe von 11 Milliarden Euro geschlossen werden. Aus Sicht des RWI geht das GKV-FinG insgesamt den richtigen Weg, weil künftig Ausgabenzuwächse über Zusatzprämien in Verbindung mit einem praktikablen Sozialausgleich finanziert werden sollen. Statt wie bislang nur auf Kassenebene wird der Sozialausgleich für die Zusatzprämie künftig über den Gesundheitsfonds erfolgen und damit zwischen allen gesetzlich Versicherten geleistet. Allerdings soll dieser Sozialausgleich zunächst nur an das beitragspflichtige Einkommen (BPE) gekoppelt werden. Sozial gerechter wäre es, den Ausgleich an die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines GKV-Mitglieds zu koppeln, das heißt an das Steuersystem. Positiver Nebeneffekt der Kopplung an das beitragspflichtige Einkommen ist allerdings, dass der zusätzliche bürokratische Aufwand dadurch gering ausfällt. Negativ zu bewerten ist, dass der Krankenversicherungsmarkt offenbar nicht langfristig vereinheitlicht, sondern das ineffiziente Nebeneinander von Gesetzlichen und Privaten Krankenkassen aufrecht erhalten werden soll. Darauf deutet unter anderem hin, dass der Zugang zur Privaten Krankenversicherung (PKV) wieder erleichtert werden soll.Krankenhäuser haben Reserven, sollten aber nicht unverhältnismäßig stark belastet werden
Um die in der GKV befürchtete Finanzierungslücke zu schließen, soll der Beitragssatz zum Gesundheitsfonds von 14,9 auf 15,5% angehoben werden. Damit werden die Beitragszahler mit rund 6 Milliarden Euro belastet. Darüber hinaus soll auf der Ausgabenseite vor allem das Preiswachstum von Gesundheitsleistungen in den Jahren 2011 und 2012 beschränkt werden. Dafür sollen unter anderem die Verwaltungskosten der Krankenkassen eingefroren sowie die Erlöszuwächse von Krankenhäusern begrenzt werden. Eine nachhaltige Beschränkung des Ausgabenwachstums ist nach Einschätzung des RWI jedoch nur zu erreichen, wenn Wettbewerbselemente im Gesundheitswesen ausgebaut werden. Das GKV-FinG sieht aber keine entsprechenden Maßnahmen vor, um Strukturen zu verbessern und zu erreichen, dass Leistungen effizienter erbracht werden. Aufgrund der Kostendämpfungsmaßnahmen geht das RWI für Krankenhäuser 2011 von einem Erlöswachstum von nur 1,1% aus. Dem steht ein erwartetes Kostenwachstum von 2,7% gegenüber. Dies würde zu einer Finanzierungslücke von rund 1,2 Milliarden Euro führen. Ähnliche Werte sind für 2012 zu erwarten. Wegen der derzeit guten wirtschaftlichen Lage der Krankenhäuser dürfte die Finanzierungslücke 2011 zu verkraften sein. Schwierig würde aber die Lage 2012, weshalb das RWI empfiehlt, die Kostendämpfungsmaßnahmen für Krankenhäuser auf das Jahr 2011 zu beschränken. Andernfalls wären Krankenhäuser unverhältnismäßig stark von den Auswirkungen des Gesetzes betroffen. Aus Gründen der Gleichbehandlung sollten stattdessen die einzelnen Bereiche des Gesundheitswesens entsprechend ihrer Anteile an den Ausgaben der GKV ähnlich stark belastet werden. Dieser Pressemitteilung liegt die RWI Position #37 „Die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung – Ein Kommentar des Gesetzentwurfes zum GKV-FinG“ zugrunde. Sie ist hier als pdf-Datei erhältlich.Quelle: Pressemitteilung des Rheinisch-Westfälisches Instituts für Wirtschaftsforschung e.V. (RWI) vom 21.09.2010
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