Studie: Sozialarbeiter sind unverzichtbar für die Psychotherapie
Mönchengladbach - Sozialarbeiter werden in der Psychotherapie dringend gebraucht. Ihr Ausschluss von der Psychotherapeutenausbildung, wie es einige aktuelle Vorschläge zur Überarbeitung des Psychotherapeutengesetzes vorsehen, hätte verheerende Folgen für die Qualität der Psychotherapie und damit unmittelbar für psychisch kranke Menschen. Das ist die Kernthese einer Studie, die jetzt in der Schriftenreihe des Fachbereichs Sozialwesen an der Hochschule Niederrhein erschienen ist. „Sind Sozialarbeiter nicht (mehr) gut genug?" fragen die Autoren Barbara Beck und Prof. Dr. Michael Borg-Laufs darin und leisten damit einen fachlich fundierten Beitrag zur aktuellen Debatte um die Ausbildung von Psychotherapeuten. Denn während das Psychotherapeutengesetz von 1999 noch die spezifischen Kenntnisse von Sozialpädagogen im Umgang mit Kindern und Jugendlichen hervorgehoben hat, könnte eine Novellierung des Gesetzes, die zur Zeit vorbereitet wird, den Zugang von Sozialpädagogen zur Psychotherapeuten-Ausbildung nahezu ausschließen, wenn die Zulassungsvoraussetzungen zur Ausbildung so gestaltet werden, wie es aktuelle Entwürfe vorsehen. „Diese Kehrtwende ist überhaupt nicht nachvollziehbar und durch keinerlei empirische Daten gestützt, aus Sozialpädagogen werden im Laufe der Psychotherapieausbildung sehr gute Psychotherapeuten", sagt Michael Borg-Laufs, der am Fachbereich Sozialwesen das Lehrgebiet Theorie und Praxis psychosozialer Arbeit mit Kindern innehat. Der Diplom-Psychologe, Psychotherapeut und Autor wichtiger Grundlagenwerke zur Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie kommt zusammen mit der Sozialarbeiterin Barbara Beck in der Studie zu dem Schluss, dass vor allem psychisch kranke Kinder und Jugendliche unter dem Ausschluss von Sozialpädagogen zum Beruf des Psychotherapeuten leiden würden. Die Autoren argumentieren, der Zusammenhang zwischen Armut und psychischem Leid sei unbestreitbar. Gerade in solchen Fällen müssten sozialwissenschaftliche, sozialisationstheoretische, biografische und pädagogische Aspekte in der Therapie berücksichtigt werden. „Da solche Fachkenntnisse nicht Bestandteil der Psychotherapeutenausbildung sind, stellt sich die Frage, wie Nicht-Sozialpädagogen diese Kenntnisse erwerben sollen", schreiben die Autoren. Psychisches Leid entstehe eben nicht nur aus psychologischen Phänomenen, sondern müsse stets im sozialen Kontext betrachtet und behandelt werden. Wenn dies nicht berücksichtigt werde, könne den Betroffenen weniger gut geholfen werden. Zur qualitativen Komponente komme eine quantitative. Schon jetzt gebe es im Bereich der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie eine alarmierende Unterversorgung. Insgesamt fehlen in Deutschland nach Angaben der Bundespsychotherapeutenkammer 3,5 Millionen Plätze für psychisch kranke Menschen. Sozialarbeiter seien daher nicht nur befähigt, Psychotherapeuten zu werden, schließen die Autoren, sie würden sogar zunehmend gebraucht. Das Buch „Sind Sozialarbeiter nicht (mehr) gut genug? Betrachtungen zur Überarbeitung des Psychotherapeutengesetzes" kann ab sofort bis zum Erscheinen der print-Ausgabe unter www.hs-niederrhein.de/fb06 kostenlos herunter geladen werden. Ab 25. August ist es im Buchhandel oder direkt beim Fachbereich Sozialwesen für 9,95 Euro zu beziehen.Quelle: Pressemitteilung der Hochschule Niederrhein vom 09.08.2010
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