Tafeln fordern: Keine Sparpolitik zu Lasten der Ärmsten
Jahrespressekonferenz des Bundesverbandes Deutsche Tafel e.V. anlässlich des 16. Bundestreffen der Tafeln in Berlin vom 3. bis 5. Juni 2010
Mehr als eine Million Menschen nutzen regelmäßig die Angebote der Tafeln in Deutschland. Schon heute verzeichnen die meisten Tafeln eine stetig wachsende Zahl an Kunden. Angesichts der aktuellen Spardiskussion warnt der Bundesverband Deutsche Tafel e. V. vor weiteren Kürzungen staatlicher Sozialleistungen. „Wahrscheinlich werden unter der schlechten Finanzlage der öffentlichen Kassen diejenigen besonders zu leiden haben, die auf die Angebote der Tafeln angewiesen sind: Geringverdiener, einkommensschwache Familien, Hartz-IV-Empfänger, Alleinerziehende und Senioren mit schmaler Rente oder Grundsicherung“ sagte Gerd Häuser, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Deutsche Tafel, am Mittwoch in Berlin bei der Jahrespressekonferenz des Verbandes. Häuser forderte deshalb unter anderem, auf weitere Kürzungen bei den Leistungen für Empfänger von Arbeitslosengeld II zu verzichten. „In schwierigen Zeiten wie diesen muss sich der Staat umso konsequenter dafür einsetzen, dass Menschen nicht in die Armut abrutschen und dass diejenigen, die bereits arm sind, eine Chance bekommen“, betonte Häuser. „Die infolge der weltweiten Finanzkrise entstehenden Belastungen dürfen nicht denen aufgebürdet werden, die sowieso schon zu wenig haben“, fügte er hinzu. Der Bundesverband erneuerte in diesem Zusammenhang seine Forderung, einen Armutsbeauftragten der Bundesregierung zu berufen, der die staatlichen und gesellschaftlichen Bemühungen zur Verhinderung von Armut besser koordinieren könnte. Die steigende Nachfrage stellt viele Tafeln schon heute vor Herausforderungen. „Sollte die Zahl der Bedürftigen im Zuge der Krise weiter steigen, wären die Kapazitäten der Tafeln bald erschöpft“, erklärte Häuser: Die Tafeln könnten ihre ergänzende Lebensmittelhilfe dann im bisherigen Umfang nicht mehr leisten. Das Aufkommen an Lebensmittelspenden, die die Tafeln kostenlos oder gegen einen symbolischen Betrag weitergeben, ist zwar bisher nach Häusers Worten stabil geblieben oder hat in manchen Bereichen sogar zugenommen. Dennoch warnte der Vorsitzende des Bundesverbandes: „Die Zahl der Tafel-Nutzer steigt schneller als das Aufkommen an gespendeten Lebensmitteln.“ Pro Person hätten die meisten Tafel-Kunden deshalb weniger Lebensmittel zur Verfügung. Häuser wies insbesondere auf die schwierige Situation von Kindern und Jugendlichen aus einkommensschwachen Familien hin, die etwa ein Viertel der Tafel-Nutzer ausmachen. „Aufgrund leerer öffentlicher Kassen können immer weniger Kommunen Kindern aus einkommensschwachen Familien eine Brücke zu mehr sozialer Teilhabe bauen“, bemängelte Häuser. Mit Hilfe von Spendern und Sponsoren haben viele Tafeln deshalb spezielle Projekte für Schülerinnen und Schüler gestartet. „Ehrenamtliche Tafel-Helfer schmieren Pausenbrote, unterstützen Schüler-Cafes an Schulen in sozialen Brennpunkten und organisieren Kochkurse, in denen Kinder und Jugendliche lernen, gesundes und ausgewogenes Essen zuzubereiten“, sagte der Vorstandsvorsitzende. Darüber hinaus belieferten Tafeln an vielen Orten Schulen und Kitas, um Kinder und Jugendliche mit gesunden Lebensmitteln zu versorgen. Wichtig sei jedoch, dass die Tafeln solche Projekte nur anstoßen könnten. „Für die Schulverpflegung zu sorgen, ist eine klare Aufgabe des Schulträgers – und so soll es bleiben“, sagte Häuser. Nach Angaben des Bundesverbandes ist die Bürgerbewegung der Tafeln auch in den vergangenen zwölf Monaten größer geworden. Seit Juni 2009 entstanden 24 neue Tafeln in allen Teilen Deutschlands. Die Gesamtzahl liegt aktuell bei 872 Tafeln: Davon sind 350 eingetragene Vereine und 522 sind Projekte in Trägerschaft anderer Verbände oder Institutionen - z.B. der Diakonie, Caritas, AWO, des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes oder von Kirchengemeinden. Die Tafel-Arbeit wird zum größten Teil von bundesweit über 40.000 Ehrenamtlichen geleistet. Der laufende Betrieb wird fast ausschließlich durch private Spenden finanziert. Zum 16. Bundestreffen der Tafeln werden in Berlin vom 3. bis 5. Juni 2010 rund 1.000 Tafel-Aktive sowie Freunde und Förderer der Tafeln aus dem gesamten Bundesgebiet erwartet. Auf dem Programm stehen unter anderem die jährliche Mitgliederversammlung des Bundesverbandes sowie Fortbildungen und Diskussionsrunden. Einer der Höhepunkte des Treffens wird die „Lange Tafel“ am Samstag, 5. Juni 2010, auf dem Alexanderplatz sein (Beginn: 11.00 Uhr). Neben zahlreichen prominenten Gästen wie Bundesfamilienministerin Kristina Schröder und dem SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel werden mehrere tausend Besucher erwartet. „Wir laden alle Bürgerinnen und Bürger herzlich ein, sich mit Tafel-Kunden, Tafel-Helfern sowie unseren prominenten Gästen an einen Tisch zu setzen, gemeinsam kostenlos Mittag zu essen und damit ein Zeichen der Solidarität zu setzen“, sagte Häuser.Quelle: Pressemitteilung des Bundesverbandes Deutsche Tafel e.V. vom 02.06.2010
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