Was geht vor: Geld oder Gesundheit?

30.11.2010 | Gesundheitswesen | Nachrichten

Suchtverbände plädieren für eine strikte Regulierung des gesamten Glücksspielmarktes inklusive der gewerblichen Spielautomaten

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat im September seine Urteile gefällt: Glücksspielsuchtprävention mit angezogener Handbremse geht nicht. Die Bundesländer und vor allem die Bundesregierung müssen sich entscheiden. Mehr Gesundheit oder mehr Geld! Das Pendel bewegt sich momentan in Richtung mehr Geld. Damit droht der geplanten Novellierung die falsche Richtung. Dr. Raphael Gaßmann, Geschäftsführer der DHS: „Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs hat klargestellt, entweder machen wir ernsthaft Prävention der Glücksspielsucht oder wir gewöhnen uns an einen Glücksspielmarkt nach dem Muster ‚jeder gegen jeden und alle gegen die Glücksspieler’.“ Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS), die Deutsche Gesellschaft für Suchtforschung und Suchttherapie (DG-Sucht) und der Fachverband Glücksspielsucht e.V. (fags) plädieren für eine strikte Regulierung des gesamten Glücksspielmarktes inklusive der gewerblichen Spielautomaten. Sie warnen vor jeglicher Form der Liberalisierung. Die Suchtverbände, Mitglieder im Fachbeirat Glücksspielsucht, der die Bundesländer bei der Umsetzung des Glücksspielstaatsvertrages berät, befürchten, dass die aktuell diskutierte Teilöffnung des Sportwettenmarktes und die Öffnung des Internets für Glücksspiele zwangsläufig zu einer wachsenden Zahl Glücksspielsüchtiger führen wird. „Wer den Glücksspielmarkt liberalisiert, fördert die Spielsucht“, kommentiert Ilona Füchtenschnieder, die Vorsitzende des Fachverbandes Glücksspielsucht, die derzeitige Debatte. Der Lobbyismus der Glücksspielanbieter und das fiskalische Interesse einzelner Bundesländer dürfen nicht über der Gesundheit und dem Gemeinwohl stehen. Die Suchtverbände fordern die Umsetzung der Urteile des Europäischen Gerichtshofs vom 8. September 2010. Insbesondere die Bundesregierung ist aufgefordert, das gewerbliche Automatenspiel so zu regulieren, dass die Suchtgefahren deutlich sinken. Es ist bekannt und gut belegt, dass ein kleiner gut regulierter Glücksspielmarkt die Bevölkerung am besten vor den Gefahren der Glücksspielsucht schützt. Schon jetzt sind die sozialen Kosten und negativen Folgen, die mit dem Glücksspielen verbunden sind, viel zu hoch: Beschaffungskriminalität, Verschuldung der Glücksspieler und ihrer Familien, hohe Suizidalität,  Arbeitsplatzverlust, Wohnungsverlust, Belastung der sozialen Sicherungssysteme. Professor Michael Adams, Leiter des Institutes für Recht der Wirtschaft an der Universität Hamburg: „Es ist skandalös, dass die Glücksspielindustrie ihre Gewinne vorwiegend mit Kranken macht - mit über 200.000 pathologischen Glücksspielern und annähernd 300.000 Menschen mit einem problematischen Spielverhalten. Kranke Spieler verspielen mehr als das Zehnfache gegenüber gesunden.“

Quelle: gemeinsame Pressemitteilung der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e.V. (DHS), der Deutschen Gesellschaft für Suchtforschung und Suchttherapie e.V. (DG-Sucht) und des Fachverbandes Glücksspielsucht e.V. (fags) vom 29.11.2010