Armutsgefährdung in den Bundesländern weiter unterschiedlich

22.09.2011 | Sozialpolitik | Nachrichten

Statistisches Bundesamt veröffentlicht Zahlen zur Armutsgefährdung: Im Osten und Norden der Republik gibt es nach wie vor mehr Arme als im Westen und Süden.

WIESBADEN – Die Armutsgefährdung der Menschen in Deutschland ist weiterhin regional sehr unterschiedlich. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, war im Jahr 2010 etwa jeder fünfte Mensch in Mecklenburg-Vorpommern (22 %) und Bremen (21 %) armutsgefährdet. In den südlichen Bundesländern Baden-Württemberg und Bayern war das Armutsrisiko lediglich halb so hoch: Dort war ungefähr jede neunte Person von Armut gefährdet (jeweils 11 %). Diese Ergebnisse gehen aus aktuellen Berechnungen auf Basis des Mikrozensus für das Jahr 2010 hervor, die von den Statistischen Ämtern des Bundes und der Länder im Rahmen des Projekts „Sozialberichterstattung der amtlichen Statistik“ durchgeführt wurden. Gemäß der Definition der Europäischen Union gelten Menschen als armutsgefährdet, die mit weniger als 60 % des mittleren Einkommens (Median) der Gesamtbevölkerung auskommen müssen. Nach den Ergebnissen des Mikrozensus 2010 galten demnach im Jahr 2010 Einpersonen-Haushalte mit einem monatlichen Einkommen von weniger als 826 Euro als armutsgefährdet. Die Grundlage der hier veröffentlichten Armutsgefährdung ist die Armutsgefährdungsschwelle auf Bundesebene (Bundesmedian), die für Bund und Länder einheitlich ist und somit einen regionalen Vergleich ermöglicht. Deutliche Unterschiede bei den Armutsgefährdungsquoten gibt es weiterhin zwischen Ost- und Westdeutschland: Hatten im Jahr 2010 im früheren Bundesgebiet (ohne Berlin) 13 % der Bevölkerung ein erhöhtes Armutsrisiko, waren in den neuen Ländern (einschließlich Berlin) 19 % der Menschen armutsgefährdet. Dabei war innerhalb Ostdeutschlands das Armutsrisiko in Brandenburg (16 %) und Thüringen (18 %) am geringsten.
Im Vergleich zum Jahr 2005 ist die Armutsgefährdung in Ostdeutschland um gut einen Prozentpunkt gesunken, während sie in Westdeutschland nahezu unverändert blieb. Am stärksten war der Rückgang in Brandenburg: Dort war das Armutsrisiko im Jahr 2010 fast drei Prozentpunkte geringer als 2005 mit 19 %. Diese und weitere Armuts- und Sozialindikatoren, zum Teil in tiefer regionaler Gliederung, sowie detaillierte methodische Erläuterungen zu den Datenquellen und den angewandten Berechnungsverfahren stehen im Internet-Angebot der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder zur Verfügung. Dort finden sich auch Armutsgefährdungsquoten, die auf Basis regional unterschiedlicher Armutsgefährdungsschwellen ermittelt wurden. Das Informationsangebot wird regelmäßig aktualisiert und weiterentwickelt.

Methodische Hinweise:

Die hier veröffentlichten Armutsgefährdungsquoten wurden auf der Grundlage der Ergebnisse des Mikrozensus 2010 berechnet. Der Mikrozensus ist die größte jährliche Haushaltsbefragung in Europa; er bietet aufgrund seiner Stichprobengröße die Möglichkeit, für alle Bundesländer verlässliche Indikatoren zu ermitteln und zu vergleichen. Für die Berechnung von Armutsgefährdungsquoten kommen mehrere Datenquellen der amtlichen Statistik in Betracht. Auf europäischer Ebene und auf Bundesebene (insbesondere im Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung) wird zur Berechnung von Indikatoren, die die Einkommensarmut und -verteilung betreffen, die Statistik „Leben in Europa“ (EU-SILC) als Datengrundlage herangezogen. Nach den Ergebnissen der EU-SILC-Erhebung 2009 ergab sich bezogen auf das Einkommensreferenzjahr 2008 bundesweit eine Armutsgefährdungsquote von rund 16 %; Im Mikrozensus 2008 lag die Quote bei gut 14 %. Zu beachten ist, dass sich der Mikrozensus und EU-SILC sowohl hinsichtlich des zu Grunde liegenden Einkommenskonzepts und der Einkommenserfassung als auch hinsichtlich des Stichprobendesigns unterscheiden. Für die Darstellung vergleichbarer Indikatoren auf Ebene der Bundesländer kann EU-SILC nicht verwendet werden, da die Stichprobe nicht groß genug ist, um auch für kleinere Bundesländer die entsprechenden Indikatoren auszuweisen. Neben den dargestellten Armutsgefährdungsquoten gemessen am Bundesmedian werden im Rahmen der Sozialberichterstattung der amtlichen Statistik auch Armutsgefährdungsquoten gemessen am Landes- beziehungsweise regionalen Median berechnet. Hierzu wird das mittlere Einkommen (Median) im jeweiligen Bundesland beziehungsweise in der jeweiligen Region herangezogen. Dadurch wird den Unterschieden im Einkommensniveau zwischen den Bundesländern beziehungsweise Regionen Rechnung getragen. Regionale Einkommensunterschiede werden zum Teil durch Unterschiede im Preisniveau (insbesondere im Mietniveau) ausgeglichen. Dies kann dazu führen, dass die Armutsgefährdung gemessen am Bundesmedian in prosperierenden Regionen unterschätzt und andererseits die Armut in Regionen mit einem relativ niedrigen Einkommensniveau überschätzt wird. Armutsgefährdungsquoten sind gegenüber stichprobenbedingten Schwankungen des mittleren Einkommens (Median) nicht sehr robust. Das bedeutet, dass bereits geringe zufällige Schwankungen dieses Einkommens merkliche Veränderungen der Armutsgefährdungsquote zur Folge haben können. Deshalb sollten nur über einen längeren Zeitraum stabile Entwicklungen inhaltlich interpretiert werden. Dies gilt insbesondere für Armutsrisikoquoten kleiner Bevölkerungsgruppen oder für regional tief gegliederte Ergebnisse.

Quelle: Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes (DESTATIS) vom 22.09.2011
http://www.destatis.de