Bundeskabinett beschließt Nationalen Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention
Behindertenbeauftragter Hubert Hüppe: Nationaler Aktionsplan der Bundesregierung muss jetzt mit Leben erfüllt werden
Der am 15.06.2011 im Bundeskabinett beschlossene „Nationale Aktionsplan der Bundesregierung zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention“ verdeutliche, dass der Weg in eine inklusive Gesellschaft unumkehrbar ist, so der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen, Hubert Hüppe. Der Behindertenbeauftragte begrüßte dabei, dass die Bundesregierung im Aktionsplan ausdrücklich das „aufwändige Wechselspiel von Exklusion (=ausgrenzen) und Integration (=wieder hereinholen)“ behinderter Menschen zugunsten von „Inklusion“ mit der UN-Behindertenrechtskonvention für beendet erklärt. Noch in der offiziellen deutschen Übersetzung der UN-Behindertenrechtskonvention sei das Wort „Inklusion“ überhaupt nicht vorgekommen, so der Behindertenbeauftragte.„Zum ersten Mal positioniert sich eine Bundesregierung so eindeutig für die inklusive Gesellschaft. Dies stärkt bestehende Bemühungen, weg von ausgrenzenden Strukturen, wie dominierenden Sondereinrichtungen in Schule, Beruf und Wohnen, hin zu voller und wirksamer Teilhabe von Menschen mit Behinderungen mitten in der Gesellschaft zu gelangen“,betonte Hubert Hüppe. Positiv sei auch, dass die Bundesregierung im Aktionsplan Handlungsbedarf in allen Lebensbereichen aufgrund der UN-Behindertenrechtskonvention anerkennt, so der Behindertenbeauftragte.
„Die Denkschrift der Bundesregierung aus der letzten Legislaturperiode vermittelte noch den Eindruck, dass die UN-Behindertenrechtskonvention eher etwas für Entwicklungsländer sei und die Konvention in Deutschland bereits umgesetzt. Mit dem Aktionsplan ist diese Lesart überholt“,betonte Hubert Hüppe. Zur Kritik im Vorfeld des Kabinettsbeschlusses, etwa von Verbändeseite, insbesondere am Maßnahmeteil des Aktionsplans, äußerte der Behindertenbeauftragte:
„Ich kann die Kritik nachvollziehen. Viele Menschen haben sich in der Erarbeitungsphase beteiligt und finden ihre Forderungen nicht oder nicht so konkret wieder, wie von ihnen vorgebracht. Auch mir gehen etliche Maßnahmen nicht weit genug.“Allerdings sei der Nationale Aktionsplan nach der letzten Verbändeanhörung im Mai mit zusätzlichen Maßnahmen ergänzt worden. Hierzu zähle etwa die Überprüfung des sogenannten „Reha-Deckels“ bei Reha- und Teilhabeleistungen der gesetzlichen Rentenversicherung, die Verbesserung bei der Elternassistenz in der Praxis sowie der Wegfall der „50-km-Regelung“ bei der Nutzung des Öffentlichen Personennahverkehrs mit Beiblatt und Wertmarke zum Schwerbehindertenausweis. Der Aktionsplan enthalte weitere konkrete Punkte, so der Behindertenbeauftragte, etwa die Reform des Werkstättenrechts, Verbesserungen bei der Komplexleistung Frühförderung bis hin zur Lösung der Schnittstellenprobleme im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe und der Eingliederungshilfe durch die sogenannte „Große Lösung im SGB VIII“ und Initiativen zur Senkung der Arbeitslosigkeit und Verbesserung der betrieblichen Ausbildungschancen behinderter Menschen.
„Letztendlich kommt es darauf an, dass aus Prüfaufträgen und Ankündigungen Konsequenzen gezogen werden und die richtig formulierten Ziele umgesetzt werden, etwa durch Gesetzesänderungen. Der Aktionsplan ist nur Mittel zum Zweck, nicht schon die Umsetzung selbst. Es sind noch viele weitere Schritte zur Umsetzung der Konvention nötig, beispielsweise im Bereich des Betreuungsrechts“,so Hubert Hüppe. Der Behindertenbeauftragte verwies darauf, dass derzeit in vielen Bereichen die Ausgrenzung behinderter Menschen sogar noch zunehme, was etwa an steigenden Schülerzahlen in Förderschulen deutlich werde.
„Länder und Kommunen sind gefordert, sowohl inklusive frühkindliche Erziehung in Kindertagesstätten als auch gemeinsamen Unterricht in der Schule sicherzustellen“,betonte der Behindertenbeauftragte. Besonders begrüßenswert sei hierbei das deutliche Bekenntnis von Bundesministerin Dr. Ursula von der Leyen für den inklusiven Unterricht, so Hubert Hüppe.
„Auch steigende Zahlen von Beschäftigten in Werkstätten für behinderte Menschen und die immer noch hohe Arbeitslosigkeit von Menschen mit Behinderungen sind besorgniserregend und verdeutlichen Handlungsbedarf“,betonte der Behindertenbeauftragte. Maßstab bei jedem Gesetzentwurf und sonstigem Vorhaben bleibe außerdem die UN-Behindertenrechtskonvention, auch wenn das Vorhaben im Aktionsplan nicht erwähnt wird. Und es werde auch weiterhin Initiativen zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention geben, die sich aus aktuellen Anlässen ergeben oder aus sonstigen Gründen nicht in den Aktionsplan einfließen konnten, betonte der Behindertenbeauftragte. Hubert Hüppe verwies darauf, dass alle bei der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention mitmachen müssten, von Bund, Ländern, Kommunen, Kirchen, Arbeitgebern und Gewerkschaften, Schulen, Wohlfahrtsverbänden und sozialen Diensten bis hin zu Vereinen vor Ort.
Quelle: Pressemitteilung des Beauftragten der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen vom 15.06.2011
http://www.behindertenbeauftragter.de