Erstgespräch in der ambulanten Pflege ist erheblich unterbewertet
bpa legt Gutachten von Professor Görres, Uni Bremen, zum Erstgespräch vor
Im Auftrag des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste e. V. (bpa) hat Prof. Dr. Stefan Görres vom Institut für Public Health und Pflegeforschung (IPP), Universität Bremen, das Gutachten „Grundlagen zur Bemessung des Erstgesprächs/Erstbesuchs in der ambulanten Pflege“ vorgelegt. Darin kommt der Pflegewissenschaftler zu dem Ergebnis, dass das Erstgespräch oder der Erstbesuch eine zwingend erforderliche Leistung ist, an der sich pflegefachlich die ambulante Pflegesachleistung auszurichten hat. Hierzu ist die Leistung im Einklang mit den Grundsätzen und Maßstäben der Pflegequalität und deren Überprüfung im Rahmen der Qualitätsprüfungen zu beschreiben und insbesondere bezüglich des zeitlichen Umfanges zu bemessen. Gegenwärtig ist die Leistung in allen Bundesländern – sowohl bezüglich des Umfanges, als auch hinsichtlich der Vergütung – erheblich unterbewertet. Ohne eine entsprechende Aufwertung seien weder die pflegefachlichen, wie jüngst im Rahmen der Überarbeitung der Grundsätze und Maßstäbe bestätigt, noch die im Rahmen der Qualitätsprüflinie (QPR) überprüften fachlichen Anforderungen zu bewältigen. Dies gelte auch für die allgemeinen und in den Leistungskomplexen definierten Beratungs- bzw. Informationspflichten. „Der bpa kritisiert, dass umfängliche pflegefachliche Qualitätsanforderungen, insbesondere auch im Rahmen der Qualitätsprüfungen des MDK nach dessen aktuellem Prüfkatalog (QPR), in keinem Verhältnis zu der im Leistungskomplex Erstbesuch gewährten Zeit stehen. Der bpa hat die Kritik der Pflegedienste aufgegriffen und das vorgelegte Gutachten in Auftrag gegeben“, so bpa-Präsident Bernd Meurer. Prof. Dr. Görres führt in seinem Gutachten den Nachweis, dass Inhalte und Prozesse des Leistungskomplexes „Erstgespräch“ nicht im Rahmen der gegenwärtig hierfür vorgesehenen Ressourcen zu leisten sind. Im Ergebnis stellt er fest, dass der den Leistungskomplexen zugrunde liegende Zeitaufwand für das Erstgespräch bis zum Vierfachen (im Sonderfall sogar nahezu bis zum Zehnfachen) zu erhöhen ist. Weiterhin kommt das Gutachten zu dem Ergebnis, dass der in den „Erstgesprächen“ betriebene notwendige hohe Aufwand zur Durchführung einer Pflegeanamnese teils eine Wiederholung und Verdopplung des Aufwandes zur Erfassung von Pflegebedarf darstellt, der erstmalig bei der Begutachtung durch den MDK zum SGB XI entstehe. Im Rahmen der Bestrebungen zum Bürokratieabbau und der Vermeidung von Doppeldokumentation wären hier Rationalisierungsreserven zu vermuten, sofern den Leistungserbringern – wie auch im übrigen Gesundheitssystem – zugetraut würde, (Pflege-)Bedarfe eigenständig zu erheben und zu erkennen. Der bpa stellt zu den Ergebnissen und Empfehlungen des Gutachtens fest: „Die Dienste wollen ein intensives Aufnahme- und Beratungsgespräch mit den pflegebedürftigen Kunden nach deren Bedürfnissen und den pflegefachlichen Anforderungen führen können. Die Diskrepanz zwischen Kundenwünschen, den formalen normativen Anforderungen und der zur Verfügung stehenden Zeit zur Durchführung des Leistungskomplexes Erstgespräch muss aufgelöst werden. Die Vergütung muss dringend an den notwendigen Aufwand angepasst werden“, fordert bpa-Geschäftsführer Bernd Tews.Quelle: Pressemitteilung des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste e.V. vom 22.03.2011
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