Handlungsempfehlungen zur Gestaltung kommunaler Integrationspolitik im ländlichen Raum
Schader-Stiftung stellt die Ergebnisse des Forschungs-Praxis-Projekts „Integrationspotenziale in kleinen Städten und Landkreisen“ und die Abschlusspublikation vor
Am Freitag, 7. Oktober 2011, hat die Schader-Stiftung nach mehr als zweijähriger Forschungsarbeit die Ergebnisse des Forschungs-Praxis-Projektes „Integrationspotenziale in kleinen Städten und Landkreisen“ vorgestellt. Diese sind in einer aktuellen Publikation zusammengefasst. Die Ergebnisse leisten einen zukunftsorientierten Beitrag zur Integrationsforschung und geben Anstöße zur Verbesserung der strukturellen Bedingungen für die Integration von Zuwanderern in kleinen und mittleren Städten des ländlichen Raums. Zwölf Kommunen aus acht Landkreisen wurden bundesweit vergleichend untersucht. Die Ergebnispräsentation fand im Rahmen der Abschlusskonferenz „Zuwanderer im ländlichen Raum – Integrationspotenziale und Perspektiven“ im Umweltforum in Berlin statt. Etwa 250 Gäste besuchten diese Veranstaltung. In seinem einleitenden Vortrag „Potenziale nutzen – Integration als Chance“ betonte Klaus-Dieter Fritsche, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern, den Wert der Integration für die Attraktivität des ländlichen Raums: „Gelungene Vielfalt und erfolgreiche Integration sind eine erhebliche Chance für die Regionalentwicklung und für den ländlichen Raum ein nicht zu unterschätzender Standortfaktor.“ Dr. Manfred Schmidt, Präsident des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, erklärte in seinem Grußwort: „Für die Arbeit des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge sind die Erkenntnisse aus dem Projekt von großem Wert. Sie können dazu beitragen, dass die Integrationsangebote des Bundes Migrantinnen und Migranten im ländlichen Raum noch besser erreichen.“ Staatsministerin Prof. Dr. Maria Böhmer, Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, bewertete die Ergebnisse als wegweisend für die Arbeit vor Ort: „Kommunen im ländlichen Raum erhalten wichtige Impulse, um Integration als Schwerpunktthema zu erkennen und zu gestalten. Eine zentrale Rolle spielen die interkulturelle Öffnung der Verwaltung und die Vernetzung der Akteure wie Behörden, Arbeitsagenturen, Sprachkursträger, Kindergärten und Schulen.“ Sabine Süß, Geschäftsführender Vorstand der Schader-Stiftung und Projektleiterin, hob hervor: „Mit dem Projekt sind wichtige Diskussionsprozesse über den Stellenwert und die Bedeutung der Integrationsarbeit in den ländlichen Kommunen angestoßen und mehr Aufmerksamkeit für das Thema Integration in Politik und Öffentlichkeit in den Kommunen erreicht worden“. Der Präsident des Deutschen Landkreistages, Landrat Hans Jörg Duppré, und der Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Bürgermeister Roland Schäfer, erklärten: „Die Landkreise sowie die Städte und Gemeinden des ländlichen Raums leisten im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung wichtige Beiträge zur Integration.“ Beide zeigten sich überzeugt, dass die Kommunen die im Forschungs-Praxis-Projekt erarbeiteten Handlungsempfehlungen als Anregungen für ihre Integrationsarbeit aufgreifen werden.Der ländliche Raum in Deutschland ist heterogen und vielfältig, entsprechend differenziert ist die Ausgestaltung kommunaler integrationspolitischer Ansätze. Spezifische Probleme für die Integrationsarbeit im ländlichen Raum sind der vergleichsweise niedrige Anteil von Migrantinnen und Migranten, wobei der Grad der Zuwanderung von der Wirtschaftskraft einer Region abhängig ist, die geringe Siedlungsdichte, Mobilitätsdefizite und die damit verbundene schlechte Erreichbarkeit von Dienstleistungs- und Infrastrukturangeboten. Hinzu kommen die begrenzten Möglichkeiten kommunalpolitischen Handelns aufgrund enger finanzieller Spielräume, fehlende Personalressourcen in der Verwaltung und die begrenzte Zahl an professionellen Akteuren und Kooperationspartnern.
Charakteristisch für den ländlichen Raum ist die große Bedeutung von Nachbarschaft und der Einbindung in zivilgesellschaftliche Strukturen, aktive Einzelpersonen spielen eine zentrale Rolle. Es besteht ein hohes Maß an Öffentlichkeit, Rückzugsmöglichkeiten in die Anonymität gibt es kaum. Der Sozialraum einer Kleinstadt ermöglicht leichter persönliche Kontakte zwischen Einheimischen und Zugewanderten, gleichzeitig können durch das sichtbare Aufeinandertreffen unterschiedlicher Ansprüche Konflikte entstehen.
Für die Sicherung der Zukunftsfähigkeit der Kommunen im ländlichen Raum sind die Akzeptanz gesellschaftlicher Vielfalt und eine offensive Anerkennungs- und Willkommenskultur für Zuwanderer von zentraler Bedeutung. Integration sollte fester Bestandteil einer kommunalen Entwicklungsstrategie werden und auf gemeinsam erarbeiteten integrationspolitischen Leitlinien basieren. Entscheidend ist, dass die Verwaltungsspitze Integration als strategisches kommunalpolitisches Zukunftsthema erkennt und aufgreift.
Kommunen sollten Integration zu einer kommunalen Daueraufgabe machen und querschnittsorientiert in der Verwaltung verankern. Dazu zählt die Installierung eines festen Ansprechpartners innerhalb der Verwaltung und als Koordinator zur Vernetzung aller integrationsrelevanten Akteure und Einrichtungen (z.B. eine Integrationsbeauftragter). Vor allem in der Vernetzung und der Kooperation mit Migranten bzw. Migrantengruppen steckt ein erhebliches Potenzial zur Stärkung der Integrationsarbeit. Die interkulturelle Öffnung der kommunalen und zivilgesellschaftlichen Einrichtungen erhöht die Mitwirkungs- und Teilhabechancen. Befristete Projektförderungen haben zwar wichtige Anstoß- und Innovationseffekte, allerdings erzeugen sie einen hohen Verwaltungs- und Antragsaufwand, der von den kleinen Städten nur bedingt geleistet werden kann, und bieten keine personelle und programmatische Kontinuität. Da Integration als freiwillige Leistung aufgrund der allgemeinen Misere der Kommunalhaushalte immer der Gefahr einer Unterfinanzierung ausgesetzt ist, benötigen die Kommunen eine verlässliche Finanzausstattung. Die Schader-Stiftung, Projektträger und –koordinator, führte das Forschungsprojekt in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), dem Deutschen Städte- und Gemeindebund und dem Deutschen Landkreistag durch. Im Mittelpunkt standen grundsätzliche Fragestellungen der Integration von Zuwanderern in ländlich geprägten Räumen mit dem Ziel, die Bedingungen und jeweiligen Potenziale für Integration in den einzelnen Kommunen zu ermitteln und auszuwerten. Finanziert wurde das Projekt über Fördermittel aus dem Europäischen Integrationsfonds, die Projektförderung des BAMF und eine ergänzende Finanzierung der Beauftragten für Migration, Flüchtlinge und Integration. Bundesinnenminister Dr. Hans-Peter Friedrich und Staatsministerin Prof. Dr. Maria Böhmer sind Schirmherrn des Projektes.
Weitere Informationen zum Projekt finden Sie unter: www.integrationspotenziale.de und unter http://www.schader-stiftung.de/wohn_wandel/1185.php .
Quelle: Pressemitteilung der Schader-Stiftung vom 07.10.2011