Jugendarrestvollzug in NRW bekommt klare gesetzliche Grundlage - "Nicht wegsperren, sondern erziehen"
Der Jugendarrest in Nordrhein-Westfalen soll sich künftig in erster Linie an erzieherischen Vorgaben orientieren. "Das bloße Wegsperren Jugendlicher ist weder sinnvoll noch zeitgemäß", sagte der Nordrhein-Westfälische Justizminister Thomas Kutschaty am Mittwoch, 5. Oktober 2011, bei der Einweihung des Erweiterungsbaus von Amtsgericht und Jugendarrestanstalt in Wetter. Die Landesregierung wird nach den Worten des Ministers dazu in der ersten Hälfte des kommenden Jahres nach Beteiligung der Verbände und Ressorts dem Landtag einen umfassenden Gesetzentwurf vorlegen. Das bisherige Recht des Jugendarrestvollzuges sei gesetzlich nur bruchstückhaft und weitgehend nur durch Rechtsverordnung oder allgemeine Verwaltungsvorschriften geregelt. Der neue Entwurf wende sich vom reinen Sanktionscharakter ab und gebe eine konsequent erzieherische Gestaltung des Arrestvollzuges vor, so der Minister. "Die Jugendlichen sollen in sozialen Trainingskursen, durch Gruppenarbeit und in Gemeinschaftsveranstaltungen lernen, künftig eigenverantwortlich und ohne weitere Straftaten zu leben", betonte der Justizminister. Vorgesehen seien unter anderem Antiaggressions- und Erste-Hilfe-Kurse, Veranstaltungen mit der Polizei sowie individuell ausgerichtete Bildungs- und Fördermaßnahmen. In Einzelgesprächen solle beispielsweise der familiäre Hintergrund der jungen Straffälligen erörtert werden. "Das hilft, wie wir wissen, bei der Bewältigung drückender Probleme", sagte der Minister. Besonderer Stellenwert komme dem Sport zu: "Die Jugendlichen sollen vornehmlich durch Mannschaftssport lernen, Gemeinschaftssinn zu entwickeln, Regeln einzuhalten und auf andere Rücksicht zu nehmen." Über handwerkliche, kreative und künstlerische Angebote könnten sie zudem lernen, ihre Freizeit sinnvoll und straffrei zu gestalten. "Das umfassende Konzept der pädagogischen Ausgestaltung des Jugendarrests endet nicht mit der Entlassung. Für die Zeit nach dem Arrest sieht der Entwurf gezielte Hilfen und breite Unterstützungsmaßnahmen für die Jugendlichen vor", hob der Minister hervor. Die Arresteinrichtung werde frühzeitig stabilisierende Kontakte und Anlaufstellen vermitteln und auf diese Weise die weitere Betreuung durch Schulen, Ausbildungsbetriebe, Arbeitsagenturen, Beschäftigungsprojekte und Beratungsstellen für die Zeit nach der Entlassung gewährleisten. Diese Neuerungen seien nicht zum Nulltarif zu haben: "Um den Vollzug des Jugendarrestes so ausgestalten zu können, wie wir es mit diesem Gesetz vorgeben, benötigen wir weitere qualifizierte Fachleute, die die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei ihrer engagierten und gesellschaftlich wichtigen Arbeit unterstützen können", sagte der Minister und fügte hinzu: "Der Aufwand ist fraglos groß. Aber ich bin sicher, dass er sich lohnt. Junge Menschen sind unsere Zukunft und die Zukunft unseres Landes. Wir helfen ihnen nicht nur auf dem Weg in ein eigenverantwortliches Leben ohne Straftaten, sondern leisten zugleich einen wesentlichen Beitrag zum Schutz unserer Bürger." Hintergrund:In Wetter wurde durch den Umzug verschiedener Abteilungen des Amtsgerichts in einen Neubau Platz geschaffen, um die benachbarte Jugendarrestanstalt von 22 auf 31 Arrestplätze zu erweitern. Diese sind ausschließlich für weibliche Arrestanten vorgesehen. In den sechs Jugendarrestanstalten in NRW sind rund 190 männliche und etwa 30 weibliche Arrestanten untergebracht.
Quelle: Pressemitteilung des Nordrhein-Westfälischen Justizministeriums vom 05.10.2011
http://www.jm.nrw.de