Mit den Alten wachsen
Kirche auf dem Weg zu einer neuen Alterskultur
Im Blick auf die Altersstruktur der Gesellschaft ist die evangelische Kirche Vorreiterin eines allgemeinen Trends: Der Anteil älterer Menschen nimmt in ihr schneller und stärker zu als in der bundesrepublikanischen Bevölkerung. Im Jahr 2040 werden bereits 36 Prozent der Evangelischen 65 Jahre und älter sein – 14 Prozent mehr als in der Gesellschaft. Eine Fachtagung im Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hat sich am Mittwoch, 5. Oktober, mit dem Thema „Das Alter und die Zukunft der Kirche" beschäftigt. „Die Kirche kann mit der wachsenden Zahl von Älteren Vitalität gewinnen, da diese Menschen ihre Kraft neu entfalten und die Gesellschaft verändern werden“, so Gerhard Wegner, Direktor des Sozialwissenschaftlichen Instituts der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). „Allerdings werden die älteren Menschen ihre Potenziale nur dann in die Kirche einbringen, wenn ihr Engagement gewollt ist und wertgeschätzt wird“, ergänzt Jens-Peter Kruse, Vorsitzender der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft für Altenarbeit (EAfA). „Die Alten sind nicht das Problem der Kirche, sie sind die Lösung für die Probleme der Kirche. Wer ihnen allerdings nichts zutraut, wird von ihnen nichts erwarten können.“ Beachtet werden müsse die neue Vielfalt des Alters. Denn noch nie waren die Lebenssituation, die Lebensstile und die Erwartungen älteren Menschen so heterogen wie heute. Die Interessen der Generation 60plus sind vielfältig, ihre Potentiale sind es auch. Auf der Basis neuer Forschungsergebnisse des Sozialwissenschaftlichen Instituts (SI) diskutierten in Hannover Entscheidungsträger und Verantwortliche aus Landeskirchen und Diakonie die strukturellen Voraussetzungen für eine Neuorientierung der kirchlichen Altenarbeit. Die Orientierungshilfe des Rates der EKD zur älter werdenden Gesellschaft hat bereits 2010 mit der Formulierung „Im Alter neu werden können“ die Richtung markiert. Vieles ist bereits geschehen, um den neuen Interessenlagen der Menschen zwischen 60 und 80 Jahren zu entsprechen: Es gibt generationsübergreifende Projekte, innovative Angebote wie den Kulturführerschein, neue Arbeitshilfen für Kirchengemeinden und Qualifizierungskurse für Ehrenamtliche. „Die Freude jedoch, dass wir es heute mit interessierten und aktiven Älteren zu tun haben, die ist erst vereinzelt zu spüren“, bedauerte Gerhard Wegner. „Eine Kirche, die sensibel für die demografische Entwicklung ist, die auf das Engagement der Alten setzt und für eigenverantwortliches Mittun Raum gibt, wird mit den Alten wachsen“, sagte Jens-Peter Kruse. „Erst zum Ende des achten Lebensjahrzehnts – bei 77 Jahren – setzt das überwiegende Empfinden ein, selbst zu den Alten zu gehören“, hat die Soziologin Petra-Angela Ahrens herausgefunden. Ein weiteres Ergebnis der SI-Studie „Generation 60plus: Religiosität und kirchliche Bindung“: Befragte, die sich als religiös einstufen, fühlen sich jünger. Das Potential für ein ehrenamtliches Engagement in der Kirchengemeinde ist hoch zu veranschlagen: 37 Prozent können sich ein solches Engagement vorstellen, 13 Prozent der älteren Evangelischen (60plus) sind bereits ehrenamtlich aktiv. „Die Bereitschaft zum Engagement darf aber nicht im Sinne einer generellen Verfügbarkeit verstanden werden“, so Ahrens. Dass die gängigen Altersbilder korrigiert, Angebote attraktiver und sich an realistischen zukunftsorientieren Altersbildern orientieren müssen, darin waren sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Veranstaltung „Das Alter und die Zukunft der Kirche“ einig. EAfA und kirchliche Einrichtungen werden das Europäische Jahr „Aktives Altern und Solidarität zwischen den Generationen“ (2012) nutzen, um den Prozess der Neuorientierung der kirchlichen Arbeit mit und für ältere Menschen weiter voranzutreiben.Quelle: Pressemitteilung der der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) vom 05.10.2011
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