Ran an die Eltern: Suchthelfer gehen neue Wege zu Jugendlichen - Bundesweit kaum Konzepte
Landschaftsverband Westfalen-Lippe stelle neuen Film vor
Westfalen (lwl). Spätestens als Flatrate-Partys, Komasaufen und Alkopops die Kliniknotfälle mit sturzbetrunkenen Teenagern im vergangenen Jahrzehnt um 170 Prozent explodieren ließen, da waren der warnende Zeigefinger und manches gutgemeinte Aufklärungsangebot endgültig wirkungslos geworden. Suchtvorbeugung musste neue Wege suchen. Welchen Weg die Koordinationsstelle Sucht des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) und die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) Hamm mit dem zweijährigen Gemeinschaftsprojekt "Eltern.aktiv - Proaktive Elternarbeit in der ambulanten Suchthilfe" fanden, erzählt ein neuer Film des LWL. Sein Beispiel: Der Kursus "Hilfe, mein Kind pubertiert!" für Väter und Mütter im westfälischen Kierspe/Märkischer Kreis. Klar war zu Projektbeginn: Frühzeitiges Herankommen - am besten schon im Elternhaus und noch vor der Probierphase 'Pubertät‘ - kann verhindern, dass viele Kinder mehr in den Alkohol-Brunnen fallen. Umso ernüchternder für die LWL-Experten, dass auf ihre bundesweite Umfrage unter allen rund 1000 Suchtberatungsstellen ganze 18 ein ausgewiesenes Konzept zur Arbeit mit Eltern zurück meldeten."Wir erreichen die Eltern kaum - aber sie haben immer noch viel mehr Einfluss auf ihre Kinder als die meisten denken", markiert LWL-Projektkoordinatorin Birgit Kühne den neuartigen Präventionsansatz. Dass rund 70 Prozent von 120 im Projekt befragten Eltern sich zu Internet-Mobbing, Computersucht oder eben Rauschmitteln lieber Rat bei Verwandten oder Freunden holen als bei Profis - aus Angst vor Registrierung und Stigmatisierung - ließ die Experten von LWL und DHS erst recht über vertraulichere und neutrale Formen des miteinander Redens nachdenken.
Mit Erfolg, wie das filmische Beispiel des Kiersper Elternkursus‘ zeigt. Regelmäßig moderieren zwei Jugendschutzfachkräfte das Seminar. Ein Vater mit zehn und zwölf Jahre alten Kindern macht mit, "um meine Fehler aufzuzeigen, die ich während der Erziehungsphase mache und daran zu lernen". Die Mutter einer 13-Jährigen weiß jetzt, dass sie über das ständig unaufgeräumte Zimmer weit weniger alarmiert sein muss als über beginnenden Rauschmittelkonsum. "Die Jugendlichen zu verstehen, das haben wir in dem Kurs hier auch gelernt", sagt sie. LWL-Direktor Dr. Wolfgang Kirsch sieht die Richtung bestätigt, "im Vorfeld dafür zu sorgen, dass die Eltern gut und erfolgreich auf ihre Kinder Einfluss nehmen können."
"Die Eltern sind dankbar, dass es so ein Projekt gibt. Und werden ermutigt, sich im Ernstfall weitere Hilfe bei Beratungsstellen zu suchen", schildert Seminarleiter Manfred Prass vom Märkischen Kreisjugendamt seine "Kernerfahrung". Ähnliche Erkenntnisse haben "Eltern.aktiv"-Fachleute aus den anderen projektbeteiligten Jugendämtern in Dortmund, Paderborn und Rheine auch gewonnen.
Direkt zum Film kommen Sie unter folgendem Link: http://www.lwl.org/LWL/Der_LWL/PR/tv_audioservice/Filme_Jugend-Schule/elternaktiv
Der LWL im Überblick
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 13.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 20 Krankenhäuser, 17 Museen und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, den ein Parlament mit 101 Mitgliedern aus den Kommunen kontrolliert.Quelle: Pressemitteilung des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe vom 20.10.2011
http://www.lwl.org