Verbände äußern sich enttäuscht über das Scheitern des Hartz IV-Vermittlungsausschusses

10.02.2011 | Sozialpolitik | Nachrichten

"Millionen Menschen müssen unter diesem parteipolitischen Machtkampf leiden."

Der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat hat am 09.02.2011 den geänderten Hartz-IV-Gesetzentwurf der Koalition verabschiedet. Das sogenannte unechte Vermittlungsergebnis wird damit am Freitag zunächst im Bundestag und dann im Bundesrat zur Abstimmung gestellt. Die Sozial- und Wohlfahrtsverbände haben dieses Scheitern der Hartz IV-Verhandlungen scharf kritisiert. "Das Scheitern der Vermittlungsverhandlungen zur Neuregelung der Hartz IV-Regelsätze ist mehr als bedauerlich", so der AWO-Bundesvorsitzende Wolfgang Stadler. Es sei vor allem "fatal, wenn sich bei den 7 Millionen Betroffenen der Eindruck festsetzt, dass die verantwortlichen Politiker nicht in der Lage sind, ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts sachgerecht umzusetzen und ihnen eine menschenwürdige Mindestsicherung zu gewährleisten", betont Stadler. "Ausgerechnet bei der gesetzgeberischen Bestimmung der Leistungen für die wirklich Hilfebedürftigen hat die schwarz-gelbe Koalition von Beginn an mit allen Mitteln versucht, die Bedarfe klein zurechnen", kritisiert der AWO Bundesvorsitzende. "Wir haben weiterhin erhebliche Zweifel, ob jene Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts eingehalten wurden, die Regelsätze transparent und sachgerecht abzuleiten und den tatsächlichen Bedarf der Hilfebedürftigen zu decken", so Wolfgang Stadler. Sich etwa bei der Bemessung des Bedarfs der Einpersonenhaushalte nicht mehr am Ausgabeverhalten der Erwachsenen mit den untersten 20 Prozent, sondern nur noch mit den untersten 15 Prozent der Einkommen zu orientieren, führe "zu einer willkürlichen Absenkung der Bedarfe", unterstreicht Stadler. Unabhängig vom Scheitern der Verhandlungen müsse nun wenigstens ein Weg gefunden werden, dass die neuen Bildungs- und Teilhabeleistungen von Kindern unverzüglich abgerufen werden können. Auch der Präsident des Deutschen Caritasverbandes Peter Neher empfindet das Ergebnis der Verhandlungen "mehr als enttäuschend". Neher spricht sich zudem dafür aus, die Verhandlungen nicht mit weiteren Themen zu überfrachten. Die Mindestlohnpolitik sei zwischen Regierung und Opposition so strittig, dass ein notwendiger Konsens bei der Umsetzung des Urteils zeitnah nicht möglich sei. Auch von Seiten der Diakonie wurde das Scheitern der Verhandlungen im Vermittlungsausschuss verurteilt. „Es bleibt jetzt völlig offen, wann das Bundesverfassungsgerichtsurteil zu Hartz-IV sachgerecht umgesetzt wird. Millionen Menschen, darunter mehr als zwei Millionen Kinder und Jugendliche, müssen nun unter diesem parteipolitischen Machtkampf  leiden“, sagt Diakonie-Präsident Stockmeier am Mittwoch in Berlin. Die Diakonie mahnt, umgehend dem sozialpolitischen Gestaltungsauftrag des Verfassungsgerichtes gerecht zu werden und die Verhandlungen wieder aufzunehmen und zu einem Ergebnis zu bringen. Beim Bildungspaket habe sich gezeigt, dass sinnvolle Lösungen möglich seien, wenn alle politisch Beteiligten konstruktiv zusammen arbeiteten. „Länder, Opposition und Regierung haben die Verpflichtung, unverzüglich einen Kompromiss zu finden und zu entscheiden, um den Menschen das Vertrauen in die Sozialpolitik und die Verwirklichung des verfassungsgemäßen Rechtes auf Existenzsicherung zurückzugeben“, betont Stockmeier. Nach Auffassung des Diakonie-Präsidenten ist es unverantwortlich aus dieser existentiellen Frage eine parteipolitische Hängepartie werden zu lassen.

Quelle: Pressemeldung des AWO Bundesverbandes e.V. vom 09.02.2011
http://www.awo.org
Pressemitteilung des Deutschen Caritasverbandes e.V. vom 09.02.2011
http://www.caritas.de
Pressemitteilung des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland e.V. vom 09.02.2011
http://www.diakonie.de