Warten auf die Pflegereform
Bundesgesundheitsminister Bahr kündigt beim Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. die Umsetzung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs und die Stärkung der Pflege in der eigenen Häuslichkeit an. Zum Zeitplan wurde nichts gesagt.
Der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. widmete sich im Rahmen seines Parlamentarischen Abend und seiner Hauptausschusssitzung am 27. und 28.9.2011 in Berlin der Pflege der Zukunft. Die Erwartungen an den Vortrag von Bundesgesundheitsminister Bahr waren hoch, wartet man doch bereits seit Wochen vergeblich auf die angekündigten Eckpunkte der Bundesregierung zur Reform der Pflegeversicherung. In den Ausführungen des Ministers wurde schließlich nur noch einmal die erneute Einsetzung des Beirates zur Umsetzung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs versprochen. Je länger auch diese Umsetzung auf sich warten lässt, desto kritischer sehen jedoch die potentiellen Beiratsmitglieder dieses Unterfangen. „Es gibt kein Erkenntnisdefizit, sondern vor allem ein Defizit an politischer Umsetzung. Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff muss, insbesondere zum Wohle der Menschen mit Demenz, noch in dieser Legislatur eingeführt werden“, sagt Michael Löher, Vorstand des Deutschen Vereins im Anschluss an die Diskussion. „Damit Pflegebedürftige nicht gezwungen sind ins Heim zu ziehen, muss die kommende Reform dringend auch eine Flexibilisierung der Leistungen der Pflegeversicherung sowie eine Stärkung der Unterstützungsangebote für pflegende Angehörige mit sich bringen“, so Löher weiter. Die derzeitige Parallelität der Reformüberlegungen in der Pflegeversicherung und im System der Leistungen für Menschen mit Behinderung (Eingliederungshilfe) berge die Chance, endlich die andauernden Schnittstellenprobleme zu lösen. Hierfür braucht es dringend eine bislang noch nicht erkennbare Abstimmung zwischen dem für die Eingliederungshilfe zuständigem Bundesarbeitsministerium und dem Bundesgesundheitsministerium. Zukunftsweisend war die Diskussion im Hauptausschuss des Deutschen Vereins. Prof. Dr. Stefan Görres, Pflegeforscher an der Universität Bremen, stellte eine zukünftige Regionalisierung der Pflege in den Vordergrund seiner Betrachtungen. Angesichts immenser Herausforderungen der Pflege in der Zukunft und des bevorstehenden Fachkräftemangels in diesem Bereich – im Jahr 2050 würden 600.000 bis 1 Million Pflegekräfte fehlen – bedürfe es einer langfristigen Neuausrichtung des Pflegesystems. Mit der Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs und mit mehr Geld im System sei das Problem nicht allein zu lösen. Auch der Deutsche Verein hatte bereits 2010 Vorschläge zur Rekommunalisierung der Pflegeleistungen unter Beibehaltung der Pflegeversicherung als Finanzierungssäule in die Diskussion unterbreitet. „Das bestehende Teilkaskosystem der Pflegeversicherung und die niedrigen Löhne in den Pflegeberufen zeugen nicht von einer hohen Wertschätzung der Pflege in der Gesellschaft. Wir brauchen dringend eine Wertediskussion. Pflege muss der Gesellschaft endlich mehr Wert sein!“, fasste Löher ein weiteres wichtiges Ergebnis der Diskussionen des Hauptausschusses zusammen. Der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. ist das gemeinsame Forum von Kommunen und der Wohlfahrtsorganisationen sowie ihrer Einrichtungen, der Bundesländer und Vertreter der Wissenschaft für alle Bereiche der sozialen Arbeit und der Sozialpolitik. Er begleitet und gestaltet durch seine Expertise und Erfahrung die Entwicklungen u.a. der Kinder-, Jugend- und Familienpolitik, der Sozial- und Altenhilfe, der Grundsicherungssysteme und der Pflege und Rehabilitation.Quelle: Pressemitteilung des Deutschen Vereind für öffentliche und private Fürsorge e.V. vom 29.09.2011
http://www.deutscher-verein.de