"Wer Opfer von Zwangsverheiratung besser schützen will, muss die Erhöhung der Ehebestandszeit aus dem Gesetzentwurf streichen"
Menschenrechtsinstitut kritisiert geplante Erhöhung der Ehebestandszeit als Gefahr für Opfer von Zwangsverheiratung und Gewalt
Berlin - Anlässlich der für Montag (14. März) geplanten Bundestagsanhörung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Bekämpfung der Zwangsheirat (Bundestagsdrucksache 17/4401) kritisiert das Deutsche Institut für Menschenrechte die geplante Erhöhung der Ehebestandszeit von bislang zwei auf drei Jahre. Nach dem Entwurf muss eine eheliche Lebensgemeinschaft drei Jahre bestehen, bevor der nachgezogene Ehepartner ein eigenständiges Aufenthaltsrecht erhalten kann. "Wer Opfer von Zwangsverheiratung besser schützen will, muss die Erhöhung der Ehebestandszeit aus dem Gesetzentwurf streichen", erklärt Petra Follmar-Otto, Leiterin der Abteilung Menschenrechtspolitik Inland/Europa am Deutschen Institut für Menschenrechte. Das ehegattenabhängige Aufenthaltsrecht werde in Fällen von Zwangsverheiratung und Ehehandel zum Teil gezielt eingesetzt, um insbesondere Frauen in erzwungenen Ehen und Gewaltsituationen zu halten, so Follmar-Otto. "Auf diesen Zusammenhang hat der UN-Frauenrechtsausschuss CEDAW Deutschland bereits mehrfach hingewiesen und die Absenkung der Ehebestandszeit im Jahr 2000 ausdrücklich begrüßt." Zwar gebe es eine gesetzliche Härtefallklausel. Diese greife in der Praxis aber in vielen Fällen aufgrund von Beweisschwierigkeiten, restriktiver Behördenpraxis und Angst der betroffenen Frauen vor Abschiebung nicht. Zudem sei die geplante Verschärfung gegenüber türkischen Migrantinnen und Migranten aufgrund eines Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) von Dezember 2010 auch europarechtlich nicht haltbar. Follmar-Otto begrüßt die Erweiterung des Wiederkehrrechts für zwangsweise ins Ausland verheiratete Frauen und Mädchen. "Es ist sehr wichtig, dass der Entwurf vorsieht, auf den Nachweis der eigenständigen Sicherung des Lebensunterhalts für diese Gruppe zu verzichten", so Follmar-Otto. Allerdings greife der Gesetzentwurf insofern zu kurz, als er den Behörden bei der Erteilung des Wiederkehrrechts Ermessenspielräume einräume. Die Zwangsverheiratung vor allem von jungen Frauen sei in den vergangenen Jahren zu Recht als weit reichende Verletzung von Menschenrechten in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt, so Follmar-Otto.
Quelle: Pressemitteilung des Deutschen Instituts für Menschenrechte e.V. vom 10.03.2011