Brauchen technische Assistentenberufe einen Bachelor?

24.07.2012 | Gesundheitswesen | Nachrichten

Arbeitsgemeinschaft Hochschulmedizin zum Qualifikationsbedarf von Gesundheitsfachberufen

Der Wissenschaftsrat hat Empfehlungen zu hochschulischen Qualifikationen für das Gesundheitswesen vorgelegt. Die Arbeitsgemeinschaft Hochschulmedizin nimmt dazu wie folgt Stellung: 1. Die AG Med begrüßt grundsätzlich, dass erstmals vertieft der Frage nachgegangen wird, welche Qualifikationen die Gesundheitsversorgung in der Zukunft erfordern wird, aber auch welche Ausbildungs- und Studiengänge erforderlich sein werden, um den Qualifizierungsbedarf zu decken. 2. Die Arbeitsgemeinschaft spricht sich für die Möglichkeit einer akademischen Zusatzqualifikation der Gesundheitsfachberufe aus. Der demografische Wandel und die damit einhergehende höhere Lebenserwartung führen zwangsläufig zu einem stark zunehmenden Pflegebedarf. Auch die Komplexität des Versorgungsgeschehens wird sich aufgrund neuer diagnostischer Möglichkeiten und der Notwendigkeit zur verbesserten Rehabilitation und Pflege erweitern. Das erfordert für einen Teil der Gesundheitsfachberufe höhere Anforderungen, die mittels eines akademischen Zusatzstudiums erfüllt werden sollten. Vor diesem Hintergrund ist vom Bund und den  Ländern eine geeignete Anzahl von Weiterbildungsstudiengängen für die Angehörigen der Gesundheitsfachberufe an Fachhochschulen und Universitäten zu schaffen. Die bereits zahlreich bestehenden Studiengänge sind zu evaluieren und ggf. zu vereinheitlichen. Die Arbeitsgemeinschaft Hochschulmedizin spricht sich dafür aus, zusätzliche akademische Weiterbildungsqualifikationen für das Gesundheitsfachpersonal vor allem an Universitäten zu schaffen. Realistischerweise wird sich hier eine Weiterqualifikation auf maximal zehn Prozent der Stelleninhaberinnen und Stelleninhaber beschränken. 3. Die vom Wissenschaftsrat vorgeschlagene Überführung des derzeitigen dualen Systems der Ausbildung der Gesundheitsfachberufe in grundständige Bachelor-Studiengänge wird von der Arbeitsgemeinschaft Hochschulmedizin abgelehnt. Denn damit würden die Gesundheitsfachberufe an Stelle der Ausbildungsgänge einen primär qualifizierenden Bachelorabschluss erwerben. Es ist sachlich nicht begründbar, warum ein weltweit anerkanntes und funktionierendes dreijähriges duales Ausbildungssystem durch ein dreijähriges akademisches Studium ersetzt werden soll. Hieraus ergibt sich aus der Patientensicht kein Vorteil in der Pflege oder Rehabilitation. Eine zwangsweise Akademisierung der Gesundheitsfachberufe wird auch von den Fachverbänden der Gesundheitsberufe nicht befürwortet. 4. Die AG Med kritisiert den Vorstoß des Wissenschaftsrats auch unter finanziellen Gesichtspunkten. Es ist zu bedenken, dass die tarifrechtlichen Auswirkungen einer solchen Umstrukturierung bis dato nicht geklärt sind. Die Absolventinnen und Absolventen eines primär qualifizierenden Bachelor-Studienganges werden zu Recht ein signifikant höheres Vergütungsniveau gegenüber Vertretern dualer Ausbildungsgänge erwarten. Der vorgeschlagenen 20%igen Akademisierung der Gesundheitsfachberufe ist kein Finanzierungskonzept unterlegt. Die AG Med warnt vor dem Irrglauben, durch Einsparungen im ärztlichen Dienst die Akademisierung der Gesundheitsfachberufe finanzieren zu können. 5. Das akut bestehende Problem vor allem in der Gesundheits- und Krankenpflege bzw. Altenpflege ist die zu geringe Anzahl der Beschäftigten - zum Teil hervorgerufen durch den Rückgang des Ausbildungsplatzangebotes an den Krankenhäusern in den letzten Jahren - und weniger das zu geringe akademische Qualifikationsniveau. Die Vertreter des Bundes und der Länder sind insoweit aufgefordert, durch attraktive Rahmenbedingungen die Anzahl des Personals der Gesundheitsfachberufe zu erhöhen. Die Arbeitsgemeinschaft Hochschulmedizin weist letztlich darauf hin, dass durch die Weiterqualifikation der Gesundheitsfachberufe keine ärztlichen Leistungen surrogiert werden können. Patientinnen und Patienten haben einen Anspruch auf eine Behandlung durch einen Facharzt oder eine Fachärztin. Dieses hohe Behandlungsniveau in Deutschland ("Facharztstandard") darf durch eine primärqualifizierende Akademisierung der Gesundheitsfachberufe nicht in Frage gestellt werden. In der Arbeitsgemeinschaft Hochschulmedizin sind die maßgeblichen Institutionen der deutschen Hochschulmedizin zusammengefasst. Sie wird von folgenden Institutionen getragen: Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften 
Präsident: Universitätsprofessor Dr. Karl Heinz Rahn 
 
Bundesärztekammer 
Präsident: Dr. Frank-Ulrich Montgomery 
 
Bundesvereinigung der Landeskonferenzen ärztlicher und zahnärztlicher Leiter von Kliniken, Instituten und Abteilungen der Universitäten und Hochschulen Deutschlands 
Vorsitzender: Universitätsprofessor Dr. Christian Ohrloff 
 
Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland e. V. 

Präsidentin: Melissa Camara Romero 
 
Deutsche Gesellschaft für Medizinrecht 
Präsident: Dr. Albrecht Wienke 
 
Deutscher Hochschulverband 
Präsident: Universitätsprofessor Dr. Bernhard Kempen 
 
Marburger Bund 
Vorsitzender: Rudolf Henke 
 
Medizinischer Fakultätentag 
Präsident: Universitätsprofessor Dr. Heyo Kroemer

Quelle: Pressemitteilung der Arbeitsgemeinschaft Hochschulmedizin vom 16.07.2012
www.hochschulverband.de