Bund-Länder-Papier zur Eingliederungshilfe: Zu kurz gesprungen

Als „zu kurz gesprungen“ bezeichnet die Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland (ISL) ein Grundlagenpapier zur Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe. Dieses wurde gestern in Hannover mit Behinderten- und anderen Verbänden diskutiert. Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe der Arbeits- und Sozialministerkonferenz hat das Papier erarbeitet, nachdem die Reform der Eingliederungshilfe jahrelang in vielen Arbeitsgruppen erörtert worden war. „In diesem Text wurde es versäumt, die Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention umzusetzen“, kritisiert ISL-Geschäftsführerin Dr. Sigrid Arnade. Stattdessen sei es den Autorinnen und Autoren anscheinend nur darum gegangen, Gelder einzusparen. „Wenn bei steigendem Bedarf die Kostenneutralität oberstes Gebot ist, muss es zwangsläufig zu Leistungseinschränkungen kommen,“ analysiert Arnade.
Die Geschäftsführerin vergleicht die gestrige Veranstaltung in der hannoverschen Sportakademie mit einem Weitsprungwettbewerb: „Jahrelang wurde trainiert, es bedurfte mehrerer Anläufe, und nun hat man nicht nur den Absprung verpasst, sondern ist auch noch neben der Sprunggrube gelandet.“ Notwendig ist nach Ansicht der ISL eine grundsätzliche Neukonzeption der Eingliederungshilfe, die sich konsequent an der Menschenrechtsperspektive der Behindertenrechtskonvention orientiert und beispielsweise die Partizipation der Betroffenen, die Einkommens- und Vermögensunabhängigkeit von behinderungsbedingten Aufwendungen, die persönliche Assistenz und das Budget für Arbeit festschreibt. „Das wäre ein wirklich weiter Sprung, auf die Regierung zu Recht stolz sein könnte,“ meint Arnade.

Quelle: Pressemitteilung der Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland e.V. (ISL) vom 23.10.2012
www.isl-ev.de