Fachbeirat beim Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung hat sich konstituiert
20-köpfiges Gremium wählt die Landshuter Pädagogikdozentin und Präventionsexpertin Prof. Dr. Mechthild Wolff zur Vorsitzenden. Schwerpunktthemen sollen in öffentlichen Anhörungen diskutiert werden.
Mitglied des Fachbeirats beim Unabhängigen Beauftragen Johannes-Wilhelm Rörig ist auch die ehemalige Beauftragte Dr. Christine Bergmann. Das Gremium setzt sich zusammen aus Expertinnen und Experten aus Politik, Wissenschaft, Fachpraxis und Kirchen, einige davon sind Mitglieder des Runden Tisches „Sexueller Kindemissbrauch“. Außerdem hat der Unabhängige Beauftragte vier von sexueller Gewalt Betroffene in das Gremium berufen. Zwei Jahre nach Kabinettbeschluss zur Einsetzung des Rundes Tisches „Sexueller Kindesmissbrauch“ und einer Unabhängigen Beauftragten sowie 100 Tage nach Amtsantritt des neuen Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Johannes-Wilhelm Rörig, hat am 20. März 2012 in Berlin die 1. Sitzung des Fachbeirats beim Unabhängigen Beauftragten stattgefunden. „Es ist mir ein wichtiges Anliegen, dass meine Arbeit von einem hochrangigen Experten-gremium unabhängig und kontinuierlich begleitet wird“, betonte der Unabhängige Beauftragte auf der heutigen Beiratssitzung. „Die Umsetzung der Empfehlungen des Runden Tisches, insbesondere im Bereich der Prävention und Intervention, ist eine immense gesamtgesell-schaftliche Herausforderung“, so Rörig weiter, „die nur in enger Abstimmung mit den verantwortlichen politischen und gesellschaftlichen Akteuren und im fachlichen Austausch mit Expertinnen und Experten gelingen kann.“ Er freue sich deshalb besonders, dass mit Prof. Dr. Mechthild Wolff eine ausgewiesene Expertin im Bereich Kinderschutz zur Vorsitzenden des Fachbeirats gewählt worden sei. Die Landshuter Pädagogikprofessorin Wolff war Mitglied des Runden Tisches „Sexueller Kindesmissbrauch“ und dort maßgeblich beteiligt an der Erarbeitung von Leitlinien zur Prävention, Intervention und Aufarbeitung in Einrichtungen. „Der Runde Tisch war ein wichtiger Meilenstein zur Verbesserung des Kinderschutzes“, sagte Wolff nach ihrer heutigen Wahl zur Beiratsvorsitzenden, „nun müssen konkrete Schritte vereinbart werden, damit geschehene Grenzverletzungen, Übergriffe und Missbrauch von Kindern und Jugendlichen in Institutionen aufgearbeitet und zukünftig vermieden werden.“ Sie sehe es als eine zentrale Aufgabe an dazu beizutragen, dass die am Runden Tische erarbeiteten Mindeststandards bei Prävention und Intervention in Einrichtungen verbindlich umgesetzt werden und dass die Aufarbeitung von Unrecht in Institutionen durch die Verantwortlichen mutig angeschoben wird. Geplant sind jeweils zwei bis drei Fachbeiratssitzungen in den Jahren 2012 und 2013 sowie öffentliche Anhörungen zu speziellen Themenschwerpunkten. Dazu gehören nach Ende der Arbeit des Runden Tisches auch strafrechtliche Fragen, die Forderung nach einer umfassenden, systematischen und unabhängigen Aufarbeitung, die Verbesserung von Hilfen für von sexueller Gewalt Betroffene und das Monitoring zur Umsetzung der Empfehlungen des Runden Tisches für einen verbesserten Schutz vor sexueller Gewalt in Einrichtungen. Rörig stellte den Mitgliedern des Fachbeirats sein Arbeitsprogramm vor. Neben der Weiterführung der telefonischen Anlaufstelle – seit April 2010 sind rund 23.000 telefonische Kontaktversuche und 3.500 Briefe in der Anlaufstelle eingegangen – und der Entwicklung eines Online-Hilfeportals ist eines der Schwerpunktthemen in 2012, Verbindlichkeiten bei der Umsetzung der Empfehlungen bei Prävention und Intervention in Einrichtungen zu schaffen. „Institutionen müssen über Standards verfügen, um Kinder in ihren Einrichtungen vor sexueller Gewalt zu schützen“, so Rörig. „Eltern sind hierbei wichtige Verbündete, sie müssen ermutigt werden, in den Einrichtungen nachzufragen, ob Präventions- und Interventionskonzepte vorliegen und diese auch Anwendung finden.“ Auch um für die Kinder und Jugendlichen Ansprechpartner sein zu sein, die in der Familie und im sozialen Nahfeld sexuelle Gewalt erleben, müsse in allen Einrichtungen ein Basiswissen zu sexueller Gewalt vorhanden sein. Der Unabhängige Beauftragte führt derzeit verbindliche Gespräche mit Umsetzungs-verantwortlichen auf Bundesebene, die diese komplexe Aufgabe bis auf die konkrete Ebene vor Ort unterstützen. Außerdem ist in 2012 und 2013 jeweils eine Befragung geplant, in die bundesweit mehrere Tausend Einrichtungen einbezogen werden. Während bei der Prävention die ersten Umsetzungsschritte bereits begonnen haben, sieht Rörig großen Handlungsbedarf bei den Hilfen für Betroffene, die in der Verantwortung der auch am Runden Tisch beteiligten Bundesressorts liegen. Zu der Einrichtung eines ergänzenden Hilfesystems für Betroffene („Clearingstelle“) sowie der Verbesserung der bestehenden Systeme für Therapie und Opferentschädigung wird sich der Unabhängige Beauftragte für eine zügige Umsetzung einsetzen. Dies gilt ebenso für die Finanzierung des unersetzbaren und dringend ausbaubedürftigen Beratungsnetzwerkes in Ländern und Kommunen. „Wir haben viel Arbeit vor uns“, so Rörig, „ich freue mich, diese wichtige Arbeit nun in engem fachlichen und kritischen Austausch durch den Fachbeirat begleitet zu wissen“. Die nächste Sitzung des Fachbeirats soll noch im Sommer 2012 stattfinden. Die erste Anhörung zu einem Schwerpunktthema ist für Herbst 2012 geplant.Quelle: Pressemitteilung des Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs vom 20.03.2012
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