Fallzahlbegrenzung für den Allgemeinen Sozialen Dienst/Kommunalen Sozialen Dienst

Die BAG ASD/KSD ruft in ihrer Stellungnahme zu einer intensiven Diskussion zu dem Thema auf und fordert seitens des Gesetzgebers Anstrengungen für die Qualitätssicherung des Schutzauftrages der Jugendhilfe

Fallzahlbegrenzung für die Fachkräfte (Bezirkssozialarbeit) in den Allgemeinen Sozialen Diensten/Kommunalen Sozialen Diensten

Die Aufgaben der öffentlichen Jugendhilfe, insbesondere des örtlichen Kinderschutzes seitens der Jugendämter, haben in den letzten Jahren erheblich an Bedeutung und an Aufwand zugenommen. Auch der Gesetzgeber hat in den letzten Jahren wiederholt jugendhilfe- und familienrechtliche Veränderungen vorgenommen und damit einem wachsenden Bedürfnis nach Verbesserung der Kinderschutzpraxis Rechnung getragen. Eine gewissenhafte Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtungen des sogenannten Wächteramtes erfordert jedoch auch, die Rahmenbedingungen auf Seiten der Fachkräfte in den ASD’s der Jugendämter so zu gestalten, dass diese ihrer gesetzlichen Verpflichtung in verantwortlicher Weise nachkommen können. Für die Aufgabenbereiche der Amtspflegschaft und Amtsvormundschaft ist durch die Änderung des Vormundschafts- und Betreuungsrechts vom 05.07.2011 in § 55 Abs. 2 des SGB VIII geregelt worden, dass zukünftig eine Vollzeitfachkraft für höchstens 50 Vormundschaften und Pflegschaften zuständig sein soll. Mit dieser Fallzahlobergrenze hat der Gesetzgeber bewusst zur Erfüllung bundesgesetzlicher Aufgaben Belastungsgrenzen der Fachkräfte eingeführt, die bekanntermaßen mit Hinweis auf die kommunale Gestaltungsfreiheit keine Zustimmung bei den kommunalen Spitzenverbänden fanden (Deutscher Städtetag, Deutscher Landkreistag). Nachdem unter dem Vorzeichen des verbesserten Kinderschutzes eine Fallzahlobergrenze für die im Jugendamt tätigen Amtsvormünder/-innen / Amtspfleger/-innen normiert wurde, stellt sich die berechtigte Frage nach einer vergleichbaren Regelung für die Fachkräfte der Bezirkssozialarbeit in den ASD’s/KSD’s. Bundesweit sind rund 8.000 Bezirkssozialarbeiter/-innen in den Jugendämtern in den Allgemeinen Sozialen Diensten/Kommunale Sozialdienste beschäftigt. Diese sind in der Regel überwiegend bis ausschließlich für Jugendhilfeaufgaben / Hilfen zur Erziehung zuständig und für die Steuerung von Einzelfällen im Rahmen der Hilfen zur Erziehung verantwortlich. Bezirkssozialarbeiter/-innen sind qua ihrer Aufgabe „die Kinderschutzfachkräfte“ des Jugendamtes, d.h. eine wesentliche operative Instanz des staatlichen Kinderschutzes in Deutschland. Im Sinne eines effektiven Kinderschutzes hält es daher die BAG ASD/KSD für erforderlich, auch für diesen Personenkreis eine Fallzahlobergrenze einzuführen! Schließlich ist in der Vergangenheit in den bekanntgewordenen Strafverfahren überwiegend die jeweils fallzuständige Fachkraft des ASD/KSD belangt worden. Hieraus ergibt sich ein schutzwürdiges Interesse für die Begrenzung der Belastungen in der Fallarbeit im Interesse eines qualifizierten Kinderschutzes. Abgesehen von bundesweit unterschiedlichen Organisationszuschnitten der ASD’s/KSD’s sind dort dennoch strukturell vergleichbare Aufgabenfelder zu konstatieren, die in einem engeren Sinne Kinderschutzaufgaben beinhalten. Dazu gehört insbesondere der gesamte Aufgabenbereich der Hilfen zur Erziehung in Verbindung mit einer fallzuständigen Hilfeplanverantwortung und die Wahrnehmung der Kinderschutzaufgaben gemäß § 8a SGB VIII. Beide Bereiche sind in der Praxis bereits so intensiv verwoben, dass eine strikte Trennung weder fachlich noch organisatorisch möglich ist. Dieser Praxisrealität sind auch die Tarifvertragsparteien gefolgt und haben dezidiert die Tätigkeit der hilfeplan- und kinderschutzverantwortlichen Fachkräfte in die Entgeltgruppe S 14 eingruppiert [1]. Die vorgenannten Aufgaben werden in den ASD‘s/KSD‘s im Rahmen definierter Verfahrensabläufe auf der Grundlage fachlicher Standards wahrgenommen (u.a. nach den Empfehlungen des Deutschen Städtetages, des Deutschen Vereins). Die in den einzelnen Kommunen praktizierten Verfahren der Hilfeplanung und des Kinderschutzes sind in einem hohen Maße vergleichbar, so dass bundesgesetzlich einheitliche Schwerpunktaufgaben vorliegen, für die eine Fallzahlobergrenze zugeordnet werden kann. Bezogen auf die ASD-Kernaufgaben mit Kinderschutzrelevanz, d. h., die Hilfen zur Erziehung und die Wahrnehmung von Kinderschutzaufgaben im Besonderen, geht die BAG ASD/KSD davon aus, dass eine Fallzahl von maximal 35 laufender Hilfen zur Erziehung/Hilfeplanfälle pro Vollzeitstelle, die Grenze der Belastbarkeit realistisch abbilden.  Bei dieser Fallzahlgrenze sind folgende integrierte Aufgabenfelder der Fachkräfte im ASD/KSD aufgrund des ganzheitlichen Grundzuschnitts pauschal mit weiteren Arbeitsplatzanteilen  berücksichtigt: Beratungsaufgaben gem. §§ 16-18 SGB VIII, Familiengerichtshilfen, Präventionsaufgaben sowie fallübergreifende Aktivitäten im Bezirk/Sozialraum. Die BAG ASD/KSD fordert die Fachverbände der Sozialen Arbeit/Jugendhilfe zu einer intensiven Diskussion zur Fallzahlbegrenzung für den ASD/KSD auf und erwartet vom Gesetzgeber, ernsthafte Anstrengungen der Sicherung von Qualitätsmaßstäben in der Fachkräfteausstattung der Jugendämter in Angriff zu nehmen. Angesichts der bundesweit erheblichen Fallzahlsteigerungen (KOMDAT, Heft 3/11, Seite 3) sollte es nicht allein den Kommunen überlassen bleiben, ob eine sachgerechte Personalausstattung in den ASD/KSD’s wirklich erfolgt. Hierzu sind bundes- oder landesrechtliche Vorgaben unverzichtbar. Ansprechpartner/-innen für die BAG ASD/KSD sind die geschäftsführenden Vorstände:
Prof. Dr. Ingrid Gissel-Palkovich (Vorsitzende der BAG ASD/KSD): ingrid.gissel-palkovich@fh-kiel.de; Prof. Dr. Maja Heiner:  maja.heiner@uni-tuebingen.de;  Jürgen Termath: rgen.termath@pulheim.de ; Prof. Dr. Herbert Bassarak: herbert@bassarak.de ; Anselm Brößkamp: anselm.broesskamp@kreis-ploen.de  sowie das Vorstandsmitglied Karl Materla: MaterlaK@stadt-muenster.de  Fussnote [1] „Satz 1 der Protokollerklärung konkretisiert im Rahmen eines Ausschließlichkeitskatalogs, welche Tätigkeiten der Entgeltgruppe S 14 zugeordnet sind, nämlich die
  • Hilfen zur Erziehung nach § 27 SGB VIII,
  • Hilfeplanung nach § 36 SGB VIII,
  • Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen (§ 42 SGB VIII) und
  • Mitwirkung in Verfahren vor den Familiengerichten (§ 50 SGB VIII)
einschließlich der damit in Zusammenhang stehenden Tätigkeiten.“
Aus: Kommunaler Arbeitgeberverband Nordrhein-Westfalen, Newsletter Nr. 012-2011 vom 17.03.2011

Quelle: BAG ASD/KSD