GEW: „Länder wollen sich nicht reinreden lassen – trotz Mitbestimmungsrechten“

Bildungsgewerkschaft: angestellte Lehrkräfte unterschiedlich bezahlt und abgekoppelt

Berlin – „Die meisten Bundesländer wollen angestellte Lehrerinnen und Lehrer weiterhin nach Gutsherrenart bezahlen und sich dabei nicht reinreden lassen. Das ist ein Skandal. Solange es keinen Tarifvertrag gibt, haben die Personalvertretungen an den Arbeitgeberrichtlinien zur Eingruppierung von Lehrkräften umfassende Mitbestimmungsrechte. Doch das bestreiten viele Länder. Das Gutachten von Prof. Ulrich Battis belegt, dass sie damit gegen geltendes Recht verstoßen“, sagte Ilse Schaad, für Angestellten- und Beamtenpolitik verantwortliches Vorstandsmitglied der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), am Freitag in Berlin während einer Pressekonferenz, in deren Rahmen Battis seine Studie vorstellte. Sie kündigte an, dass die GEW dieses Recht – wenn nötig – „vor Gericht durchsetzen wird. Wer nicht hören will, muss fühlen“. Das Gutachten bestätige, dass Einführung und Änderung von Eingruppierungsrichtlinien für Beschäftigte mitbestimmungspflichtig sind. Hat es keine Mitbestimmung gegeben, so Schaad, seien die Richtlinien rechtswidrig und damit nicht wirksam. Mitbestimmungsrecht hätten die Personalvertretungen, die die Beschäftigten vertreten, für die die Richtlinien gelten sollen. Die Tarifexpertin machte deutlich, dass die Lehrkräfte im Vergleich mit anderen Akademikergruppen im öffentlichen Dienst abgekoppelt seien. „Für alle Beschäftigten mit einem Hochschulabschluss gilt, dass sie mindestens in der Entgeltgruppe (EG) 13 des Tarifvertrages der Länder (TV-L) eingeordnet sind. Große Teile der Lehrkräfte bilden eine Ausnahme: Grund- Hauptschullehrkräfte etwa werden nach niedrigeren Entgeltgruppen bezahlt“, stellte Schaad fest. Sie wies zudem darauf hin, dass die Lehrkräfte in den östlichen Bundesländern in der Regel ein bis zwei Entgeltgruppen schlechter bezahlt würden als in den westlichen. „Die Folgen dieses Bezahlungschaos: Der Lehrerberuf wird unattraktiver, die Konkurrenz zwischen den Bundesländern nimmt zu. Das geht insbesondere zu Lasten der finanziell schwächeren Länder. Gerade vor dem Hintergrund des wachsenden Lehrermangels in der Bundesrepublik sind sie die Verlierer im Wettlauf um die Pädagoginnen und Pädagogen“, unterstrich Schaad. Sie schlug vor, die Bezahlung aller angestellten Lehrkräfte künftig per Tarifvertrag, den Arbeitgeber und Gewerkschaft abschließen, zu regeln. „Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) und GEW sollten die Verhandlungen, die nach der Tarifrunde 2011 unterbrochen worden sind, schnell wieder aufnehmen. Ein Tarifvertrag, der die Bezahlung für alle Lehrkräfte in der Bundesrepublik klärt, ist die sauberste Lösung. Unterschiedliche Bezahlung und ein Abkoppeln der Lehrkräfte gegenüber anderen Akademikergruppen, die im öffentlichen Dienst beschäftigt sind, gehören dann der Vergangenheit an“, betonte die GEW-Expertin. Info: Das Gutachten „Mitbestimmungsrechte der Personalvertretungen bei der Ausgestaltung von Eingruppierungsrichtlinien für angestellte Lehrkräfte“, das Prof. Dr. Dr. h.c. Ulrich Battis unter Mitarbeit von Dr. Julian Augustin erstellt hat, und weitere Informationen finden Sie unter dem Download-Link. Zurzeit gibt es keine tariflich geregelte Entgeltordnung für die Eingruppierung – und damit die Bezahlung - angestellter Lehrkräfte der Länder in den TV-L. Diese sortieren angestellte in Anlehnung an die Besoldung verbeamteter Lehrkräfte über sogenannte „Eingruppierungsrichtlinien“ ein. Jedes Bundesland orientiert sich dabei an seinen eigenen Besoldungsregelungen und Eingruppierungs-Kriterien. Das Ergebnis: Grund- und Hauptschullehrkräfte finden sich beispielsweise in den Entgeltgruppen 10 und 11 des TV-L wieder.

Quelle: Pressemitteilung der GEW vom 20.04.2012
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