Monitoring-Stelle fordert menschenrechtsbasierte Forschung zur Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen

Berlin - Die Monitoring-Stelle zur UN-Behindertenrechtskonvention hat die Bundesregierung aufgefordert, die Lebenslagen von Menschen mit Behinderungen verstärkt zu erforschen. "Eine gute Behindertenpolitik braucht spezifisches Wissen darüber, ob und wie behinderte Menschen in unterschiedlichen Lebenslagen ihre Menschenrechte wahrnehmen können", erklärte Valentin Aichele, Leiter der Monitoring-Stelle zur UN-Behindertenrechtskonvention, anlässlich der Veröffentlichung des Policy Paper "Menschenrechtsbasierte Datenerhebung – Schlüssel für gute Behindertenpolitik". Die vorliegenden Datensammlungen über die Lebenslagen behinderter Menschen in Deutschland seien bisher nicht menschenrechtsbasiert. Es sei aber notwendig zu wissen, wie staatliche Maßnahmen, beispielsweise Gesetze, Programme und Entscheidungen, die Lebenssituation behinderter Menschen beeinflussen und ob sie die unterschiedlichen Lebenslagen angemessen und differenzierend berücksichtigen, so Aichele. "Artikel 31 der UN-Behindertenrechtskonvention verpflichtet Deutschland dazu, geeignete Informationen einschließlich Daten und Statistiken über die Lebenslagen behinderter Menschen zu sammeln und auf dieser Basis politische Maßnahmen zu entwickeln." "Bisherige Datenerhebungen orientieren sich meist an den Defiziten behinderter Menschen und nicht an ihren menschenrechtlichen Ansprüchen und den ihnen zur Verfügung stehenden Ressourcen", sagte Marianne Hirschberg, die Autorin des Papiers. Die bisher genutzten statistischen Instrumente seien entweder auf einen speziellen Lebensbereich wie die Gesundheit behinderter Menschen oder allgemein auf die gesamte Bevölkerung ausgerichtet und damit nicht aussagekräftig für die Kategorie Behinderung beziehungsweise für die Lebenssituation behinderter Menschen. "Beispielsweise enthält der Mikrozensus nur eine Aussage über das Vorliegen oder Fehlen einer Behinderung, jedoch keine weiteren spezifizierten Aussagen, die über die Geschlechtszugehörigkeit oder Alter hinausgehen", so Hirschberg. Die Bundesregierung solle neben einem "Disability Survey", wie er in Großbritannien durchgeführt werde, qualitative Spezialstudien in Auftrag geben zu den Lebenslagen von Gruppen, deren Rechtsausübung besonders gefährdet sei. Hierzu gehörten beispielsweise Menschen mit mehrfachen Behinderungen oder Menschen, die beispielsweise in geschlossenen Einrichtungen wohnen oder arbeiten oder auch in Gefängnissen sind. Die Bundesregierung solle zudem die Prüfung und Fortentwicklung von menschenrechtsbasierten Indikatoren fördern und vom Staat unabhängige Strukturen für den erforderlichen Arbeits- und Überprüfungsprozess schaffen, so die Menschenrechtsexpertin. Die Monitoring-Stelle zur UN-Behindertenrechtskonvention, eingerichtet im unabhängigen Deutschen Institut für Menschenrechte in Berlin, hat gemäß der UN-Behindertenrechtskonvention den Auftrag, die Rechte von Menschen mit Behinderungen im Sinne der Konvention zu fördern und zu schützen sowie die Umsetzung der Konvention in Deutschland zu überwachen.


Quelle: Pressemitteilung der Monitoring-Stelle zur UN-Behindertenrechtskonvention vom 29.11.2012