Online-Beschwerdestellen von Kindern kaum genutzt

Neue Befunde der europäischen Studie EU Kids Online zum Schutz der Kinder vor Internet-Risiken

Die bestehenden Online-Beschwerdestellen werden nur selten genutzt. Lediglich 13 Prozent der europäischen Kinder, die im Internet Belastendes erlebt haben, haben dies mit Hilfe eines Meldesystems angezeigt. In Deutschland sind es sogar nur acht Prozent, so ein Bericht des Forschungsnetzwerks EU Kids Online. „Wenn sich Kinder im Internet verletzt fühlen, müssen sie die Möglichkeit haben, sich zu beschweren oder Hilfe zu suchen. Online-Meldesysteme können dabei helfen, allerdings nur dann, wenn sie gut sichtbar und leicht bedienbar sind und wenn sie tatsächlich wirksame Hilfe bieten“, so Prof. Dr. Uwe Hasebrink, Direktor des Hans-Bredow-Instituts und verantwortlich für den deutschen Teil der EU Kids Online-Studie. Anlass der Studie ist das Treffen führender Vertreter aus Internetwirtschaft, Politik und Nichtregierungsorganisationen am 11. Juli in Brüssel, auf dem über Maßnahmen beraten wird, die das Internet für Kinder sicherer machen sollen. Die Gruppe namens „Coalition to make the internet a better place for kids“ will einfach zu bedienende Online-Meldesysteme und altersangemessene Privatheitseinstellungen erarbeiten. Sie macht sich zudem für eine stärkere Nutzung von Klassifikationssystemen für Internet-Inhalte stark und will die größere Verbreitung von Softwarehilfen für Eltern fördern. Der Bericht von EU Kids Online liefert dazu Hintergrundinformationen auf Grundlage einer Befragung von 25.000 Kindern zwischen neun und 16 Jahren in 25 europäischen Ländern und weist auf Probleme der einzelnen Maßnahmen hin.

Privatheitseinstellungen

Rund ein Viertel der Neun- bis 16-Jährigen, die sich ein Profil auf einer sozialen Netzwerkplattform wie Facebook eingerichtet haben, machen ihre Informationen öffentlich zugänglich. In dieser Gruppe ist der Anteil derjenigen, die nicht wissen, wie man die Privatheitseinstellungen ändern kann, besonders hoch, es fehlt ihnen also an Kompetenz. Auch die Haltung der Eltern spielt eine Rolle: Öffentliche Profile sind vor allem bei denen zu beobachten, denen die Eltern verboten haben, überhaupt ein Profil einzurichten. Die Studie fordert daher, dass die Profile von Jüngeren seitens der Anbieter auf „privat“ voreingestellt werden und eine gezielte Kompetenzförderung erfolgen sollte.

Klassifikation von Internet-Inhalten

Frühere Berichte des EU Kids Online-Netzwerks zeigten, dass viele Kinder im Internet mit potenziell belastenden Inhalten konfrontiert werden; hierzu gehören Seiten mit Pornographie (14% der Neun- bis 16-Jährigen), Hassseiten (12% der Elf- bis 16-Jährigen), aber auch oder Magersucht- (10% der Elf- bis 16-Jährigen, aber 20% der 14- bis 16jährigen Mädchen) und Suizid-Foren (5% der Elf- bis 16-Jährigen). Dies unterstreicht die Bedeutung der laufenden Bemühungen um Klassifikationssysteme, die dem Kinder- und Jugendschutz gerecht werden, ohne die Zugänglichkeit von Informationen im Internet nachhaltig zu beschneiden.

Jugendschutzprogramme

Technische Filter und andere Jugendschutzprogramme werden von etwa einem Drittel der Eltern von Neun- bis 16-Jährigen in Europa eingesetzt, in Deutschland liegt der Anteil bei nur einem Viertel. Ausschlaggebend für die Nutzung ist die Internetkompetenz der Eltern; außerdem spielen diese Maßnahmen insbesondere bei jüngeren Kindern eine Rolle. Prof. Hasebrink „Weil zunehmend jüngere Kinder das Internet nutzen, sind technische Systeme als zusätzliche Maßnahme zur Vermeidung von Risiken sinnvoll. Bisher allerdings kennen viele Eltern diese Systeme nicht. Vor diesem Hintergrund sind die jüngsten Initiativen des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie die in der letzten Woche gestartete Initiative ‚sicher online gehen‘ Schritte in die richtige Richtung.“

Weitere Informationen:

Rückfragen und vertiefende Auskünfte:

•    Prof. Dr. Uwe Hasebrink. Das deutsche Teilprojekt wird gefördert von der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM) und vom Medienpädagogischen Forschungsverbund Südwest.

Informationen zu EU Kids Online und zu der europaweiten Befragung

  • Der Forschungsverbund EU Kids Online verfolgt das Ziel, das Wissen über positive und negative Erfahrungen von Kindern und Eltern mit dem Internet  zu erweitern und damit eine empirische Grundlage für Maßnahmen zur Förderung des sicheren Umgangs mit dem Internet zu bieten. Das Verbundprojekt wird im Rahmen des EU Safer Internet Programms gefördert (SI-2010-TN-4201001).
  • Die Studie basiert auf rund 25.000 Interviews in 25 europäischen Ländern. In jedem Land wurde im Sommer 2010 eine repräsentative Stichprobe von neun- bis 16jährigen Internetnutzern befragt; die Befragung fand zu Hause statt; heikle Passagen des Fragebogens konnten die Kinder und Jugendlichen mit Hilfe eines selbst auszufüllenden Fragebogens beantworten.
  • Folgende Ländern waren an der Erhebung beteiligt: Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Irland, Italien, Litauen, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Slowenien, Spanien, Tschechien, Türkei, Ungarn und Zypern. Zusätzlich gehören dem Verbund Teams aus Island, Kroatien, Lettland, Luxemburg, Malta, Russland, der Schweiz und der Slowakischen Republik an.
  • Ausführliche Ergebnisse der Studie enthält der folgende Bericht: Livingstone, S., Haddon, L., Görzig, A., and Ólafsson, K. (2011). Risks and safety on the internet: The perspective of European children. Full findings. LSE, London: EU Kids Online. Weitere Berichte und Angaben zur Methode finden sich unter www.eukidsonline.net.

Quelle: Pressemitteilung des Hans-Bredow-Instituts vom 10.07.2012

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