Pflege-Neuausrichtungsgesetz setzt positive Akzente für Menschen mit Behinderung

„Das am Freitag vergangener Woche im Deutschen Bundestag verabschiedete Pflege-Neuausrichtungsgesetz stärkt die Situation pflegebedürftiger Menschen mit Behinderung. Es unterstützt Menschen mit eingeschränkten Alltagskompetenzen, verbessert die medizinische Versorgung pflegebedürftiger Menschen und stellt den Vorrang ambulanter vor stationären Hilfen in den Mittelpunkt“, so Hubert Hüppe, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen.

Das Gesetz unterstützt unter anderem Menschen, die erheblich in ihrer Alltagskompetenz eingeschränkt sind, etwa aufgrund einer Demenzerkrankung oder einer sogenannten „geistigen Behinderung“. Neben den heute schon möglichen Betreuungsleistungen in der Pflegestufe Null erhält diese Personengruppe erstmals Pflegegeld von monatlich 120 Euro oder Pflegesachleistungen von bis zu 225 Euro für zusätzliche Betreuungsleistungen. Auch die Leistungen in den Pflegestufen I und II werden für diese Personengruppe in der ambulanten Betreuung erhöht. Er bedaure allerdings, so der Beauftragte, dass Pflegebedürftige der Pflegestufe III hier ausgenommen seien. Daneben verbessert das Pflege-Neuausrichtungsgesetz auch die zahnärztliche Versorgung von Menschen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz, indem die aufsuchende zahnärztliche Versorgung dieser Personengruppe zusätzlich vergütet wird.

Zudem wird mit dem Pflege-Neuausrichtungsgesetz die medizinische Versorgung von Pflegebedürftigen in Pflegeheimen verbessert. Die Einrichtungen sind zukünftig verpflichtet, die Pflegekassen darüber zu informieren, wie die ärztliche Versorgung und Arzneimittelversorgung in den Einrichtungen geregelt ist. Außerdem werden für Arztbesuche, etwa für die zahnärztliche Versorgung, von Heimbewohnern mehr finanzielle Mittel bereitgestellt.

„Hinzu kommt, dass pflegebedürftige Menschen, die in vollstationären Einrichtungen leben, für Tage an denen sie zuhause gepflegt werden, anteilig Pflegegeld erhalten. Dies war insbesondere eine Forderung von Angehörigen behinderter Menschen, die umgesetzt werden konnte“, betonte Hubert Hüppe.

Menschen mit Behinderung, die zuhause gepflegt werden, haben zukünftig außerdem einen Anspruch auf Kurzzeitpflege in einer Einrichtung der Behindertenhilfe bis zum 25. Lebensjahr. Bisher konnten Sie, etwa bei Krankheit des pflegenden Familienmitglieds, Pflegeleistungen ab Volljährigkeit nur in einer Pflegeeinrichtung bekommen. Bei einem Aufenthalt von pflegenden Angehörigen in Rehabilitationseinrichtungen wird es zukünftig - unter bestimmten Voraussetzungen - zudem möglich sein, dass der pflegebedürftige Mensch den pflegenden Angehörigen begleitet. Die mit dem Pflege-Neuausrichtungsgesetz eingeführten Förderungen ambulant betreuter Wohngruppen schaffen darüber hinaus Alternativen zu einem Aufenthalt in Pflegeheimen. Die Pflegebedürftigen können die Zuschüsse, mit denen die Gründung der Wohngruppen unterstützt wird, für eine barrierefreie Umgestaltung der gemeinsamen Wohnung einsetzen.

„Das Pflege-Neuausrichtungsgesetz stärkt außerdem Selbsthilfegruppen im Bereich der Pflege mit mehr Beteiligungsrechten und einer finanziellen Förderung durch die Pflegekassen von jährlich etwa 8 Mio. Euro. Dies entspricht dem Grundsatz ‚Nichts über uns, ohne uns‘. Es muss dabei sichergestellt werden, dass Selbsthilfegruppen finanziell so gestellt werden, dass sie die Beteiligungsrechte auch tatsächlich wahrnehmen können“, so Hubert Hüppe.

Es bleibe aber noch Handlungsbedarf, so der Beauftragte. „Insbesondere müssen Leistungen der Pflegeversicherung von einer funktionsbezogenen auf eine teilhabeorientierte Pflegeversicherung umgestellt werden. Im Mittelpunkt steht hierbei ein neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff, der bereits seit etlichen Jahren auf der politischen Agenda steht“, so Hubert Hüppe.

Quelle: Pressemitteilung des Beauftragten der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen vom 03.07.2012
www.behindertenbeauftragter.de