Prävention gegen Zwangsbehandlung

Bundesverband der Berufsbetreuer fordert Systemwechsel

Das Versorgungssystem für psychisch kranke Menschen muss verbessert werden. Das fordert der Berufsverband der Berufsbetreuer. Ziel ist es, präventiv so zu arbeiten, dass gar nicht erst eine Situation entsteht, die die eine Zwangsbehandlung nötig machen würde. Hintergrund: Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat festgestellt, dass es in Deutschland keine gesetzliche  Grundlage für eine betreuungsrechtliche Zwangsbehandlung gibt. Betreute dürfen nicht gegen ihren Willen ärztlich behandelt werden. Eine Zwangsbehandlung verstößt gegen die Grundrechte der Betreuten. „Wir begrüßen diese Rechtsprechung. Daher lautet unsere Maxime ‚Verhandeln statt Behandeln‘. Wunsch und Wille des Betroffenen stehen im Mittelpunkt unseres Handelns“, sagt Klaus Förter-Vondey, Vorsitzender des BdB. Vertrauenspersonen wie Angehörige, Mitarbeiter der Ambulanten Psychiatrischen Pflege, Soziotherapeuten und rechtliche Betreuer können psychisch Kranken dabei helfen, eigenständig über ärztliche Maßnahmen zu entscheiden. „Unsere Erfahrung lehrt: Betroffene hören auf Vertrauenspersonen“, so Förter-Vondey weiter. „Eine  Betreuung, die sich an der Lebenswelt des psychisch Kranken orientiert, macht die Zwangsbehandlung weitgehend überflüssig.“ Deshalb brauchen Berufsbetreuer  mehr Zeit für ihre Klienten. „So kann es ihnen gelingen, Betroffene auch nach anfänglichem Widerstand von der Notwendigkeit einer Behandlung zu überzeugen. Solche Gespräche erfordern zunächst den Aufbau eines Vertrauens-verhältnisses“. Der BdB fordert daher eine Erhöhung der Stundensätze von derzeit 3,2 Stunden auf fünf Stunden pro Monat und Klient. Die Gesetzeslücke, die der BGH festgestellt hat, muss zudem geschlossen werden, fordert der BdB. Der Verband schlägt ein strenges, klar definiertes Genehmigungsverfahren vor, das dem Klientenschutz dient. Förter-Vondey sagt:  „Eine ärztliche Behandlung gegen den Willen des Betroffenen als ultima ratio kann im besonderen Einzelfall erforderlich sein.“ Ziel ist es,  „Verwahrpsychiatrie“ oder lange Fixierungsphasen zu vermeiden. Entscheidend sei allerdings, dass alle drei Vorschläge des BdB – Verbesserung des sozialpsychiatrischen Versorgungssystems, bessere Zeitausstattung für Betreuungen, Schaffung einer gesetzlichen Grundlage – nur zusammen Sinn machen, nicht eine Gesetzesänderung allein.

Über den BdB

Der Bundesverband der Berufsbetreuer/innen e.V. (BdB) zählt mehr als 6.000 Mitglieder. Er ist die größte Interessenvertretung des Berufsstandes "Betreuung". Der BdB vertritt die Interessen seiner Mitglieder in bundes- und landespolitischen Gremien. Der Verband fördert die Professionalisierung von Berufsbetreuung und verfolgt das politische Ziel, Betreuung als anerkannten Beruf zu etablieren. Er setzt sich für die Qualitätsentwicklung und -sicherung in der Betreuungsarbeit ein. Der BdB bietet Service- und Dienstleistungen wie Rechtsberatung, unterstützende PC-Software oder Versicherungsleistungen.

Quelle: Pressemitteilung des Bundesverbandes der Berufsbetreuer/innen e.V. (BdB) vom 04.10.2012