Qualitätsfortschritte in der Pflege - Medizinischer Dienst veröffentlicht 3. Pflege-Qualitätsbericht

Die Qualität der Pflege in Pflegeheimen und ambulanten Pflegediensten hat sich verbessert. Das zeigt der dritte Pflege-Qualitätsbericht, den der Medizinische Dienst des GKV-Spitzenverbandes (MDS) und der GKV-Spitzenverband am 24. April in Berlin vorstellten. Vor allem bei der Ernährung und Flüssigkeitsversorgung sowie im Umgang mit Menschen mit Demenz gab es Fortschritte im Vergleich zum Bericht aus dem Jahr 2007. Bei anderen Pflegeproblemen – etwa, wenn es darum geht, ein Druckgeschwür zu vermeiden – offenbaren sich jedoch noch Schwächen. Ein weiteres wichtiges Ergebnis: Einrichtungen, die die Prozessstandards guter Pflege erfüllen, erreichen auch bessere Ergebnisse in der Versorgungsqualität.

„Die gute Nachricht ist, dass sich die Qualität der Pflege positiv weiterentwickelt hat. Die Pflegebedürftigen werden heute besser versorgt als noch vor einigen Jahren. Es gibt aber nach wie vor viel zu tun. Die Tatsache, dass es insgesamt besser geworden ist, heißt nicht, dass es überall gut ist“, so Gernot Kiefer, Vorstand des GKV-Spitzenverbandes. „Seit 2008 werden die Pflegeeinrichtungen regelmäßig durch den MDK geprüft. Unsere Auswertungen zeigen, dass sich in dieser Zeit die Qualitätssituation in der stationären wie in der ambulanten Pflege verbessert hat“, so Dr. Peter Pick, Geschäftsführer des MDS. „Dieser erfreuliche Trend ist das Ergebnis der Qualitätsanstrengungen der Einrichtungen, aber er ist auch der Effekt der MDK-Qualitätsprüfungen und der Pflegetransparenz. Verbesserungen zeigen sich besonders bei der Ernährungs- und Flüssigkeitsversorgung und beim Umgang mit demenzkranken Menschen. Trotzdem können wir nicht zufrieden sein, weil sich bei einigen Kriterien zu wenig bewegt hat. Hier sind die Einrichtungen gefordert, ihr qualitätsgeleitetes Arbeiten auszubauen.“ Grundlage des Berichts sind alle Qualitätsprüfungen, die die Medizinischen Dienste der Krankenversicherung (MDK) zwischen dem 1. Juli 2009 und dem 31. Dezember 2010 durchgeführt haben, insgesamt wurden 8.101 Qualitätsprüfungen in Pflegeheimen und 7.782 Qualitätsprüfungen in ambulanten Pflegediensten ausgewertet. Die Ergebnisse sind repräsentativ für die Pflege in Deutschland: Die Qualitätsprüfer des MDK untersuchten den Pflegezustand von rund 62.000 Pflegeheimbewohnern sowie von rund 45.000 Pflegebedürftigen, die von ambulanten Pflegediensten betreut wurden, prüften die Pflegemaßnahmen und befragten sie nach ihrer Versorgungssituation.

Wichtige epidemiologische Ergebnisse für die stationäre Versorgung

Zum ersten Mal ermittelt der Bericht epidemiologische Daten zur Häufigkeit wichtiger gesundheitlicher Einschränkungen von Pflegebedürftigen. So sind knapp 61 % der Pflegeheimbewohner in ihrer Alltagskompetenz durch Demenz oder andere gerontopsychiatrische Krankheiten eingeschränkt. Etwa 31 % der Bewohner leiden an chronischen Schmerzen. Rund 66 % aller Pflegeheimbewohner benötigen eine Inkontinenzversorgung. Einen bedeutenden Gewichtsverlust zeigen rund 9 % der untersuchten Bewohner; 4,4 % der Pflegebedürftigen leiden an einem Dekubitus.

Qualität in der stationären Pflege

Der Hauptfokus der Qualitätsprüfungen liegt auf der Versorgungsqualität, das heißt auf der personenbezogenen Prozess- und Ergebnisqualität. Hierzu bewerten die MDK-Qualitätsprüfer bei einer Zufallsstichprobe von 10 % der Pflegebedürftigen in der jeweiligen Einrichtung den Pflegezustand und die Pflegemaßnahmen. Fortschritte im Vergleich zum Jahr 2007 gibt es bei der Ernährungs- und Flüssigkeitsversorgung sowie beim Umgang mit Menschen mit Demenz, Verbesserungsbedarf zum Beispiel bei der Vermeidung von Druckgeschwüren und der Erfassung von Schmerzen. Beispiel Ernährungszustand: Der Ernährungszustand war bei 95 % der untersuchten Pflegeheimbewohner angemessen, bei 5 % wurde eine defizitäre Ernährungssituation festgestellt. Rund zwei Drittel (67,4 %) aller Pflegeheimbewohner benötigten Hilfe beim Essen und Trinken. Vier von fünf Betroffenen (79,5 %) erhielten laut Pflege-Qualitätsbericht die erforderlichen Unterstützungsmaßnahmen: Sie wurden nach Bedarf bei der Nahrungsaufnahme unterstützt, erhielten bei Schluckstörungen speziell zubereitete Nahrung und energiereiche Speisen. Jeder fünfte Betroffene (20,5 %) erhielt diese Unterstützung nicht im erforderlichen Umfang. Im Vergleich zum Bericht aus dem Jahr 2007 hat sich der Erfüllungsgrad damit bei den erforderlichen Maßnahmen zur Ernährung von 64,0 % auf 79,5 % erhöht. Beispiel Druckgeschwüre: Knapp die Hälfte (46,9 %) der untersuchten Heimbewohner hatte ein Dekubitusrisiko. In 59,3 % dieser Fälle wurden erforderliche Prophylaxen wie etwa Lagerungswechsel oder Einsatz von Hilfsmitteln durchgeführt, bei 40,7 % stellten die MDK-Prüfer Versäumnisse fest. Im Vergleich zum Bericht des Jahres 2007 ist bei der Dekubitusprophylaxe keine Verbesserung eingetreten. „In einigen zentralen Bereichen haben wir bereits einen besseren Qualitätsstandard erreicht. Den gilt es zu sichern und weiter auszubauen“, fasst der Fachgebietsleiter Qualitätsmanagement Pflege des MDS, Jürgen Brüggemann, die Ergebnisse zusammen. „Bei der Dekubitusprophylaxe, aber auch beim Schmerz- und beim Medi-kamentenmanagement können und müssen die Einrichtungen ihre Qualitätsbemühungen verstärken. Das gilt auch für die Versorgung von Menschen mit Demenz. Pflegeheime müssen sich künftig noch besser als bisher auf diese Zielgruppe einstellen.“

Je besser der Pflegeprozess, desto besser die Ergebnisqualität

Die jetzt veröffentlichten Daten belegen außerdem, dass pflegerische Interventionen Wirkung zeigen. Ein Beispiel hierfür ist die Dekubitusprophylaxe: 7,4 % der Pflegeheimbewohner, bei denen keine Prophylaxemaßnahmen zur Verhinderung von Druckgeschwüren durchgeführt wurden, entwickelten Druckgeschwüre, während der Anteil von Bewohnern mit Druckgeschwüren in der Gesamtstichprobe bei 4,4 % lag. Auch das Beispiel „Ernährung“ zeigt, wie wirksam eine qualitativ hochwertige Pflege ist. Ein Drittel der Pflegeheimbewohner (33,9 %), denen keine ausreichenden unterstützenden Maßnahmen zur Ernährung angeboten wurden, erlitten einen bedeutenden Gewichtsverlust. Anders in der Gesamtstichprobe: Hier waren es lediglich 9,1 %. Durch die Einhaltung wesentlicher Prozesskriterien können also bessere Versor-gungsergebnisse erreicht werden. „Unsere Ergebnisse widerlegen den häufig vorgebrachten Vorwurf, in der Prüfung werde nur die Dokumentationsqualität und nicht die tatsächliche Versorgung erfasst. Sie belegen vielmehr, dass es einen engen Zusammenhang zwischen Prozessstandards und Versorgungsergebnissen gibt“, unterstreicht MDS-Chef Pick.

Qualität in der ambulanten Pflege

Bei der ambulanten Pflege kann nur die Qualität jener Leistungen evaluiert werden, über die der Pflegebedürftige einen Vertrag mit dem ambulanten Pflegedienst abgeschlossen hat. Eine sorgfältige pflegerische Bestandsaufnahme zu Beginn der Versorgung ist deshalb wichtig. Beispiel Druckgeschwüre: 18,2 % der Pflegebedürftigen, die die MDK-Qualitätsprüfer in ihrer Wohnung besucht haben, hatten mit dem betreuenden Pflegedienst Leistungen zur Vermeidung von Druckgeschwüren vereinbart. Bei ihnen untersuchten die MDK-Mitarbeiter u. a., ob die Lagerungsmaßnahmen hautschonend durchgeführt wurden und ob geeignete Hilfsmittel eingesetzt wurden. Bei gut zwei Dritteln (68,3 %) war dies der Fall. Bei einem Drittel wurden die vereinbarten Leistungen nicht entsprechend den pflegerischen Standards erbracht. Insgesamt zeigten sich bei der Versorgungsqualität in der ambulanten Pflege ähnliche Trends wie im stationären Bereich: Qualitätsfortschritte gab es beispielsweise bei der Ernährung und der Inkontinenzversorgung. Verbesserungsbedürftig ist die Versorgung von Menschen mit Demenz. In der MDK-Qualitätsprüfung wird beispielsweise erhoben, ob die Pflegedienste den Angehörigen Informationen und Hinweise zum Umgang mit demenzkranken Menschen geben und ob bei der Pflege die biografischen Besonderheiten der von Demenz betroffenen Pflegebedürftigen berücksichtigt werden. Im Ergebnis zeigte sich, dass die Pflegedienste diese Möglichkeiten zur Verbesserung der Versorgungssituation von Menschen mit Demenz nicht ausreichend nutzten. MDS und GKV-Spitzenverband betonten, dass die verpflichtenden Qualitätsprüfungen und die Pflegetransparenz Dynamik in die Qualitätsentwicklung in der Pflege gebracht hätten. Das gelte es auch von Seiten der Pflegeeinrichtungen anzuerkennen. Sie sprachen sich dafür aus, die Pflege-Transparenzvereinbarungen jetzt zügig weiter zu entwickeln. Ebenso gelte es, die externen Qualitätsprüfungen auch in Zukunft für weitere Qualitätsverbesserungen zu nutzen. Der Medizinische Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS) ist der Medizinische Dienst des GKV-Spitzenverbandes. Er berät den GKV-Spitzenverband in allen medizinischen und pflegerischen Fragen, die diesem qua Gesetz zugewiesen sind. Er koordiniert und fördert die Durchführung der Aufgaben und die Zusammenarbeit der Medizinischen Dienste der Krankenversicherung (MDK) auf Landesebene in medizinischen und organisatorischen Fragen. Der GKV-Spitzenverband ist der Verband aller 145 gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen. Als solcher gestaltet er den Rahmen für die gesundheitliche Versorgung in Deutschland; er vertritt die Kranken- und Pflegekassen und damit auch die Interessen der 70 Millionen Versicherten und Beitragszahler auf Bundesebene gegenüber der Politik, gegenüber Leistungserbringern wie Ärzten, Apothekern oder Krankenhäusern. Der GKV-Spitzenverband übernimmt alle nicht wettbewerblichen Aufgaben in der Kranken- und Pflegeversicherung auf Bundesebene. Er ist der Spitzenverband Bund der Krankenkassen gemäß § 217a SGB V.

Quelle: Gemeinsame Pressemitteilung des MDS und des GKV-Spitzenverbandes vom 24.04.2012
www.mds-ev.de