Rehabilitationsmaßnahmen für an Krebs erkrankte Rentner sollen neu geregelt werden

22.10.2012 | Gesundheitswesen | Nachrichten

DVSG: Zuständigkeit der Rentenversicherungsträger sollte erhalten bleiben

Die Deutsche Vereinigung für Soziale Arbeit im Gesundheitswesen e.V. (DVSG) wendet sich gegen Pläne, die Zuständigkeit für onkologische Rehabilitationsmaßnahmen bei Rentnern neu zu regeln. Für die medizinische Rehabilitation von an Krebs erkrankten Rentnerinnen und Rentnerin gibt es derzeit eine gleichrangige gesetzliche Zuständigkeit der Krankenkassen und der Rentenversicherungsträger. In ca. 90 % der Fälle werden die onkologischen Rehabilitationsmaßnahmen für Rentnerinnen und Rentner derzeit allerdings von der Deutschen Rentenversicherung getragen. In der Sitzung der 89. Arbeits- und Sozialministerkonferenz 2012 soll der Vorschlag unterbreitet werden, diese Zuständigkeit künftig nur noch den Krankenkassen zu übertragen. Dadurch kommt es aus Sicht des Fachverbandes zur Verschlechterung der Versorgungsqualität und der Zugangsmöglichkeiten zur onkologischen Rehabilitation für diese Patientengruppe. Aus Erfahrungen der Sozialdienste in Krankenhäusern erfolgt der größte Teil der onkologlschen Rehabilitation bei Rentnern, trotz gleichrangiger Zuständigkeit der Kranken- und Rentenversicherung (§ 40 SGB V, § 31 SGB VI), über die Deutsche Rentenversicherung. Das garantiert den betroffenen Menschen einen unmittelbaren Übergang aus der medizinischen Akutbehandlung in spezielle Rehabilitationskliniken. Bei der Deutschen Rentenversicherung Bund gibt es die sogenannte Anschlussheilbehandlung (AHB), ein Verfahren, das von den Sozialdiensten der Akutkrankenhäuser eingeleitet wird. Insgesamt garantiert die Zuständigkeit der Rentenversicherung - trotz teilweise unterschiedlicher Verfahren auf der Ebene der Länder und des Bundes - einen weitgehend einheitlichen Zugang zur onkologischen Rehabilitation, der für die Betroffenen, die einleitenden Sozialdienste und entscheidenden Verwaltungsstellen der Rentenversicherung mit einem vertretbaren bürokratischen Aufwand verbunden ist. In den wenigen Fällen, in denen die Krankenversicherung allein zuständig ist (etwa aufgrund fehlender Versicherungsansprüche gegen die Rentenversicherung), ist das Verfahren komplizierter und der Zugang zu den notwendigen Rehabilitationsleistungen für die betroffenen Patienten schwieriger. Bei einem Wechsel der Zuständigkeit werden ein bewährtes Antrags- und Genehmigungsverfahren und eingespielte Abläufe völlig verändert. Damit werden gut funktionierende Strukturen zum Nachteil der Versicherten zerschlagen. Statt erfreulich unbürokratischen Zuweisungswegen gäbe es dann eine Vielzahl verschiedener Kostenträger mit sehr unterschiedlicher Bewilligungspraxis. Die Erfahrungen aus anderen Indikationsbereichen zeigen, dass die Krankenkassen in einer Vielzahl von Fällen medizinische Rehabilitationsmaßnahmen ablehnen und stattdessen auf kostengünstigere ambulante kurative Maßnahmen verweisen. Diese berücksichtigen aber häufig nicht in ausreichendem Maß die spezifischen Bedarfe und die Belastungen onkologischer Patienten. Daneben lassen Erfahrungen mit nicht-onkologischen Diagnosen bei der Einleitung von Rehabilitationsverfahren durch die Krankenversicherung befürchten, dass das Wunsch- und Wahlrecht nach § 9 SGB IX aus ökonomischen Gründen noch weiter ausgehöhlt und unterlaufen wird. Bei Krebserkrankungen spielen soziale, emotionale und psychische Belastungen eine besondere Rolle. In einer höchst belasteten Lebenssituation müssen die Betroffenen neue Lebensperspektiven entwickeln und sich neu orientieren. Die bisherige Praxis der Rentenversicherungsträger sowohl bei der Bearbeitung der Verfahren als auch durch die Qualität der durchgeführten Rehabilitationsmaßnahmen wird dieser besonderen Situation gerecht. Bei einem Wechsel der Trägerschaft ist insgesamt ein erheblicher Qualitätsverlust zu befürchten, da das durch die Rentenversicherung garantierte Niveau der Qualitätssicherung in der onkologischen Rehabilitation und die Umsetzung fundierter Therapiekonzepte so in der Krankenversicherung nicht besteht und folglich für Rentnerinnen und Rentner nicht mehr sichergestellt werden kann. Die vorgeschlagene Neuregelung führt also grundsätzlich zu einer Verschlechterung der Versorgungsqualität und der Zugangsmöglichkeiten zur onkologischen Rehabilitation für Rentnerinnen und Rentner. Ohne Not wird ein standardisiertes, gesetzlich geregeltes Verfahren aufgegeben, das sich bewährt hat und zur reibungslosen sektorenübergreifenden Versorgung führt, wie dies vielfach politisch und gesundheitswissenschaftlich gefordert wird. Dagegen soll ein kompliziertere Verfahren eingeführt werden, das Entscheidungen je nach ökonomischer Situation und inhaltlicher Interessenlage der jeweiligen Kasse ermöglicht. Die zu erwartende stärkere Tendenz kostengünstigere Maßnahmen vorzuziehen würde einen Rückschritt in der onkologischen Versorgung einleiten. Auch bei der Orientierung am Gebot der Wirtschaftlichkeit gibt es keinen vernünftigen Grund, der eine Änderung der Zuständigkeit erfordert. Es würde sich lediglich um eine Verschiebung der Kosten von einem Träger zum anderen handeln, die weder bei dem einen, noch bei dem anderen Träger signifikante Veränderungen der Ausgaben bzw. Einsparungen bedeuten.

Quelle: Pressemitteilung der Deutschen Vereinigung für Soziale Arbeit im Gesundheitswesen e.V. (DVSG) vom 16.10.2012
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