Rheinland-Pfälzische Drogenkonferenz 2012
Alter und Sucht – Herausforderungen für die Suchtkrankenhilfe
Sucht kennt keine Altersgrenzen. Dachte man vor wenigen Jahren noch, Suchtmittelabhängigkeit sei in erster Linie ein Problem der jungen und mittleren Generation, so weiß man heute, dass auch viele ältere Menschen davon betroffen sind. Die Folge dieser Entwicklung ist, dass sich die Suchtkrankenhilfe auf eine neue Zielgruppe einstellen muss. Unter dem Titel „Alter und Sucht – Herausforderungen für die Suchtkrankenhilfe“ hatte die Landeszentrale für Gesundheitsförderung in Rheinland-Pfalz e.V. (LZG) im Auftrag des Ministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie (MSAGD) zur diesjährigen Drogenkonferenz eingeladen. Zahlreiche Akteurinnen und Akteure aus dem Suchtkrankenhilfesystem, aus Prävention, Beratungsstellen, therapeutischen Einrichtungen und Forschung waren dazu im Schloss Waldthausen in Budenheim zusammen gekommen. Auch Vertreterinnen und Vertreter aus dem Pflegebereich nahmen an der Veranstaltung teil. „Es ist wichtig, die Suchtprobleme älterer Menschen ernst zu nehmen und ihnen entsprechende Hilfsangebote zu machen“, sagte Staatssekretärin Jacqueline Kraege (MSAGD), die die Konferenz eröffnete. „Das Suchtkrankenhilfesystem ist in Rheinland-Pfalz gut aufgestellt. Wir wollen erreichen, dass es sich in Zukunft verstärkt auch älteren Menschen mit Abhängigkeitsproblemen zuwendet und adäquate Beratungs- und Therapiemöglichkeiten für sie bereit hält. Wir müssen älteren Menschen präventiv Informationen darüber vermitteln, welche Risiken es für die Entstehung einer Sucht gibt. Und wer bereits von Sucht betroffen ist, soll wissen: Auch im hohen Alter gibt es noch die Möglichkeit, sich von Abhängigkeiten zu befreien und ein gesundes Leben zu führen“, so die Staatssekretärin. Sucht findet im Alter eher im Verborgenen statt und wird von Angehörigen oder dem Pflegepersonal oft nicht wahrgenommen oder nicht thematisiert. Die Betroffenen selbst sind sich ihrer Abhängigkeit häufig nicht bewusst. Auch kann die Scham, sich ein Suchtproblem einzugestehen, ältere Menschen daran hindern, sich Fachleuten oder dem Hausarzt anzuvertrauen. Dadurch bleiben viele substanzbedingte Störungen im Alter unbehandelt und haben entsprechend große Folgewirkungen. „Durch die sich ändernde Bevölkerungsstruktur nimmt die Bedeutung von Suchterkrankungen im Alter zu“, bestätigte auch PD Dr. phil. Hans-Jürgen Rumpf von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Lübeck in seinem Hauptvortrag. „Ältere Menschen weisen hohe Raten von Konsum, Missbrauch und Abhängigkeit in Zusammenhang mit den Substanzen Alkohol, Tabak und Benzodiazepine auf“, erklärte er. Rumpf beschäftigte sich in seinem Vortrag vor allem mit dem Thema Alkoholkonsum im Alter. Schätzungen gehen davon aus, dass bis zu 400.000 ältere Menschen in Deutschland von einem Alkoholproblem betroffen sind. Dies sind zum einen Personen, deren Abhängigkeit schon in jüngerem Lebensalter entstanden ist, aber auch Menschen, deren Alkoholkonsum infolge kritischer Lebensereignisse angestiegen ist. Ausscheiden aus dem aktiven Berufsleben, Verlust der Partnerin oder des Partners oder soziale Vereinsamung können einem hohen Alkoholkonsum Älterer Vorschub leisten. Körperliche Veränderungen im höheren Lebensalter führen jedoch zu abnehmender Alkoholverträglichkeit. Schneller eintretende Rauschzustände, Stürze und andere Unfälle können die Folge sein. Dr. med. Martina Henkel von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Bethel, Evangelisches Krankenhaus Bielefeld, beschäftigte sich in ihrem Vortrag mit dem Thema Medikamentenabhängigkeit im Alter. Vor allem Beruhigungs-, Schlaf- und Schmerzmittel werden von älteren und insbesondere von pflegebedürftigen Menschen häufig konsumiert. Unangemessener Medikamentengebrauch belastet nicht nur die Gesundheit, sondern kann zu Suchterscheinungen führen, die gerade im Alter schwerwiegende Auswirkungen haben. Die diesjährige Drogenkonferenz zeigte umfassend die Problemlagen von älteren Menschen mit Suchtproblematik auf. Es wurden Handlungsoptionen für die Suchtkrankenhilfe und für die Prävention dargestellt und diskutiert. Ansätze und Beispiele guter Praxis aus den verschiedenen Bereichen des Suchtkrankenhilfesystems wurden vorgestellt und auch die Thematik der langjährig suchtkranken älteren Menschen aufgegriffen. Als Fazit der Veranstaltung kann gelten, dass nach Ansicht von Fachleuten die suchttherapeutische Behandlung älterer Menschen sinnvoll und möglich ist und entsprechende Angebote dringend zu etablieren sind. Notwendig dafür ist die fachliche Kooperation verschiedener Hilfesysteme. Weitere Informationen zu der Fachveranstaltung unter www.lzg-rlp.de/aktuelles/veranstaltungen/drogenkonferenz-rlpQuelle: Pressemitteilung der Landeszentrale für Gesundheitsförderung in Rheinland-Pfalz e.V. (LZG) vom 18.06.2012