Strategien zur Gewinnung neuer Kita-Fachkräfte

WiFF-Studie stellt Zugangswege für Quereinsteigende vor

Mit dem Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz werden ab August 2013 bundesweit mehr als 15.000 Erzieherinnen und Erzieher fehlen – die meisten davon in den Großstädten der westlichen Bundesländer. Mit einer Erhöhung der Ausbildungskapazitäten kann der Bedarf nicht gedeckt werden. Manche Bundesländer setzen deshalb auf Modelle des Quereinstiegs. Die Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (WiFF) hat Vertreterinnen und Vertreter der Länderministerien zu alternativen Qualifizierungsmaßnahmen für den Einstieg in den Erzieherinnenberuf befragt und stellt innovative Projekte einzelner Bundesländer vor.

Teilzeitausbildung versus "Externen"-Prüfung

Ein Weg für den Quereinstieg ist die "Externen"-, "Nichtschüler"- oder "Schulfremden"-Prüfung. Die Vorbereitung  kann an einer Fachschule, bei einem privaten Weiterbildungsanbieter oder im Selbststudium erfolgen. Aufgrund der mancherorts niedrigen Erfolgsquote wird sie derzeit kontrovers diskutiert. In Berlin haben nach Schätzungen der Länderministerien im Jahr 2010 nur 28 Prozent der Teilnehmenden die Prüfung bestanden, in Hamburg und Schleswig-Holstein jeweils 50 Prozent. In Baden-Württemberg und Bayern waren in den letzten beiden Jahren knapp 90 Prozent der Prüflinge erfolgreich. Hier wurden spezielle Vorbereitungskurse an Fachschulen eingerichtet. "Für die Vorbereitungskurse zu den Externen-Prüfungen fehlen einheitliche Qualitätsstandards. Grundsätzlich sind Externen-Prüfungen aber auch nur in Einzelfällen zu befürworten, zum Beispiel wenn pädagogische Erfahrungen bereits vorhanden sind", sagt Johanna Gebrande, Autorin der WiFF-Studie.   Die befragten Vertreterinnen und Vertreter der Länderministerien
stehen Externen-Prüfungen ebenfalls kritisch gegenüber. Der knappe zeitliche und inhaltliche Umfang sowie die mangelnde Qualität mancher Vorbereitungskurse, eine geringe Erfolgsquote bei den Prüfungen, wenig Praxisanteile und die Aneignung von Wissen anstelle der Entwicklung von Kompetenzen werden als Gründe genannt. Ein Großteil der Befragten befürwortet eine berufsbegleitende Teilzeitausbildung. Sie verbindet Seminarphasen an der Fachschule mit Praxisphasen in der Kita und bietet im Unterschied zu einer Vollzeitausbildung die Möglichkeit, Geld zu verdienen. In jedem Bundesland – mit Ausnahme des Saarlandes – kann die Ausbildung zur Erzieherin bzw. zum Erzieher in Teilzeit absolviert werden. Allerdings dauert sie in der Regel länger als die Vollzeitausbildung.

Länderspezifische Modelle für den Quereinstieg

In einzelnen Bundesländern gibt es jedoch auch verkürzte Qualifizierungswege, die auf bestimmte Berufsgruppen und ihre Bildungsbiografien zugeschnitten sind. So können sich in München Grundschullehrerinnen und -lehrer, für die es keine Stellen gibt, zur pädagogischen Fachkraft in Kitas qualifizieren. Die theoretische Ausbildung am Pädagogischen Institut dauert 30 Tage und wird mit einer Prüfung abgeschlossen; die praktische Ausbildung in einer Kita dauert ein halbes Jahr. Nordrhein-Westfalen bietet Kinderpflegerinnen und -pflegern sowie
Sozialhelferinnen und -helfern mit langjähriger Berufserfahrung eine verkürzte Ausbildung mit staatlicher Anerkennung an. An einer Fachschule für Sozialpädagogik werden 2.400 Unterrichtsstunden besucht. Währenddessen müssen die Teilnehmenden in einer anerkannten sozialpädagogischen Einrichtung mindestens zwei Drittel der wöchentlichen Arbeitszeit beschäftigt sein. Die berufsbegleitende Ausbildung dauert in der Regel zweieinhalb bis drei Jahre und wird mit einer Prüfung an der Fachschule abgeschlossen. In Brandenburg gibt es eine zweijährige berufsbegleitende Qualifizie-rungsmaßnahme für Arbeitslose, die einen mittleren Schulabschluss und eine Berufsausbildung abgeschlossen haben. Seminar- und Praxisstunden wechseln sich ab und bereiten ausschließlich auf die Arbeit in Kindertageseinrichtungen vor. Nach Abschluss der Prüfung werden die Absolventinnen und Absolventen zum gleichen Tarif wie staatlich anerkannte Erzieherinnen und Erzieher bezahlt. Joanna Dudek, Autorin der WiFF-Studie resümiert: "Qualifizierungsmaßnahmen für Quereinsteigende müssen qualitativ so hochwertig sein wie die reguläre Ausbildung. Wichtig ist, dass vorhandene Kompetenzen der Quereinsteigenden anerkannt werden bzw. Angebote für spezifische Berufsgruppen konzipiert werden und an deren pädagogischer Vorerfahrung ansetzen, wie zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen. Um den Erfolg und die Qualität dieser Modelle zu überprüfen und zu sichern, sind Evaluationen erforderlich."  Die WiFF-Studie "Quereinstiege in den Erzieherinnenberuf" von Joanna Dudek und Johanna Gebrande kann auf dem Webportal der WiFF kostenlos bestellt oder heruntergeladen werden.  Weitere Informationen zum Quereinstieg und "Externen"-Prüfungen gibt es auf dem Portal Erzieherin.de.

Über die Autorinnen

Joanna Dudek ist wissenschaftliche Referentin bei WiFF am Deutschen Jugendinstitut. Ihre Arbeitsschwerpunkte liegen auf der Anschlussfähigkeit und Durchlässigkeit in der Aus- und Weiterbildung von frühpädagogischen Fachkräften. Johanna Gebrande war von 2010 bis 2011 wissenschaftliche Referentin bei WiFF. Seit 2011 arbeitet sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt "Competencies in Later Life" am Lehrstuhl für Allgemeine Pädagogik und Bildungsforschung der Ludwig-Maximilians-Universität in München.

Über WiFF

WiFF ist ein Projekt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, der Robert Bosch Stiftung und des Deutschen Jugendinstituts e.V. Die drei Partner setzen sich dafür ein, im frühpädagogischen Weiterbildungssystem in Deutschland mehr Transparenz herzustellen, die Qualität der Angebote zu sichern und anschlussfähige Bildungswege zu fördern.

Quelle: Pressemitteilung der Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte vom 10.09.2012
www.weiterbildungsinitiative.de