Studie belegt negative Effekte des Betreuungsgelds

Finanzielle Anreize für Eltern, die ihre Kinder zu Hause betreuen, senken die Frauenerwerbsquote und wirken sich nachteilig auf die frühkindliche Entwicklung aus. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung des in Thüringen eingeführten Betreuungsgelds, die das Bonner Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA) jetzt veröffentlicht hat. Demnach bleiben vor allem Geringqualifizierte, Alleinerziehende und Familien mit niedrigem Einkommen dem Arbeitsmarkt fern, um die staatliche Leistung in Anspruch zu nehmen.

Der Freistaat Thüringen gewährt bereits seit 2006 das von Kritikern als "Herdprämie" bezeichnete Betreuungsgeld in Höhe von 150 bis 300 Euro für Zweijährige, die nicht in öffentlichen Einrichtungen betreut werden. Auf der Grundlage umfangreicher Befragungsdaten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) und des Mikrozensus untersuchten Wissenschaftler der Universitäten Mannheim und Heidelberg, wie die betroffenen Familien auf die relative Verteuerung der öffentlichen Kinderbetreuung reagiert haben. Die Forscher ermittelten, dass der Anteil der ausschließlich zu Hause betreuten Kinder in Folge der Reform um 20 Prozent anstieg. Neben der Betreuung in Kindertagesstätten ging auch die "informelle" Betreuung etwa durch Nachbarn und Freunde zurück. Vor allem Mütter mit geringem Qualifikationsniveau und niedrigem Einkommen schränkten ihre Erwerbstätigkeit ein. Darüber hinaus belegt die Studie Auswirkungen auf die gesamte Familie: Ältere Geschwister blieben dem Kindergarten häufiger fern, die Erwerbsbeteiligung der Väter ging ebenfalls leicht zurück. Steigende Geburtenraten lassen sich hingegen als Folge des Betreuungsgelds nicht nachweisen. "Inbesondere Geringqualifizierte, deren Familien häufig auf ein zweites Einkommen angewiesen sind, fassen nach längeren Unterbrechungen nur schwer wieder Fuß auf dem Arbeitsmarkt. Zugleich profitieren ihre Kinder überdurchschnittlich von den Fördermöglichkeiten einer qualitativ hochwertigen Betreuung", erklärt Christina Gathmann, Wirtschaftsprofessorin in Heidelberg und Koautorin der Studie. So bestätigt die Analyse für Thüringen Erkenntnisse aus internationalen Studien, nach denen vor allem Mädchen von der Betreuung in Kindertagesstätten profitieren, besonders im Hinblick auf motorische Fähigkeiten und Sozialverhalten. Vor diesem Hintergrund plädieren die Autoren dafür, die für 2013 geplante bundesweite Einführung des Betreuungsgelds erneut auf den Prüfstand zu stellen. Die englischsprachige Studie ist über die IZA-Homepage abrufbar:
Christina Gathmann/Björn Sass:
Taxing Childcare: Effects on Family Labor Supply and Children
IZA Discussion Paper No. 6440
http://ftp.iza.org/dp6440.pdf

Quelle: Pressemitteilung des Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA) vom 29.03.2012, veröffentlicht unter http://www.idw-online.de/pages/de/news470156