Umstrittener Beschluss des Landgerichts Chemnitz: Betreuer fürchten um berufliche Existenz

Völlig überraschend hat das Landgericht Chemnitz die Vergütung eines Berufsbetreuers herabgestuft, so dass dieser nach über acht Jahren erfolgreicher Betreuungsarbeit möglicherweise sein Büro mit vier Mitarbeitern schließen muss. Der Berufsbetreuer aus Chemnitz hatte die Vergütung für Hochschulabsolventen erhalten, denn er kann auf ein sechs Semester umfassendes Studium an der Sächsischen Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie und einen Abschluss als Betriebswirt (VWA) verweisen. Das LG Chemnitz befindet nun aber, dass diese Ausbildung wegen des geringen zeitlichen Umfangs einer Hochschulausbildung nicht vergleichbar sei. Nach diesem Beschluss müssen nun bundesweit Hunderte Berufsbetreuer mit einer ähnlichen Ausbildung die Absenkung ihrer Bezüge befürchten – in Sachsen haben bereits zehn Berufsbetreuer entsprechende Briefe ihrer Rechtspfleger erhalten. Je nach Vorbildung werden diese auf den mittleren oder untersten Vergütungssatz herabgestuft: das bedeutet eine Einkommenseinbuße von knapp 25 Prozent oder gar fast 40 Prozent! Der Bundesverband der Berufsbetreuer/innen e.V. (BdB) hat den Beschluss des Landgerichts und die unmittelbare Umsetzung der Betreuungsbehörden, noch bevor dieser Rechtskraft erlangt hat, aufs Schärfste kritisiert. Die berufliche Existenzgrundlage vieler Berufsbetreuer/innen ist gefährdet und könnte zur Berufsaufgabe vieler erfahrener und qualifizierter Betreuer führen. In einem Brief an Gerichte und Betreuungsbehörden des Landes weist der BdB darauf hin, dass dies für die Betreuungsarbeit den Verlust an erfahrenen und fachlich qualifizierten Mitarbeiter/innen bedeuten und für die Klienten unnötige Betreuerwechsel mit sich bringen könnte. BdB-Geschäftsführer Dr. Harald Freter: „In welchem anderen Beruf ist es vorstellbar, dass man von einem Moment zum nächsten für die gleiche Arbeit nur noch gut die Hälfte der Bezahlung bekommt? Es ist doch nicht hinnehmbar, wenn allein auf Grundlage einer nicht rechtskräftigen Landgerichtsentscheidung und damit einer unklaren Rechtslage bereits vollendete Tatsachen mit weitreichenden Konsequenzen für die Betroffenen geschaffen werden.“ Schon seit Jahren kämpft der BdB für bessere Bedingungen in der Betreuungsarbeit. Im Rahmen seiner aktuellen Kampagne „Betreuung 20plus“ finden zahlreiche Gesprä-che und Diskussionsrunden mit Politikern aller Parteien statt. Zu den wichtigsten Forderungen gehören eine angemessene Vergütung und mehr anrechenbare Stunden für die Betreuung der Klient/innen.

Quelle: Pressemitteilung des Bundesverbandes der Berufsbetreuer/innen e.V. vom 12.07.2012
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