vhw-Kommunal-Befragung stützt Wohnsitzauflage

Deutscher Städte- und Gemeindebund sieht sich in Befürworter-Position gestärkt - Gegner befürchten unverhältnismäßige Eingriffe in Rechte von Geflüchteten

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) sieht sich in seiner Position zur Wohnsitzauflage für Geflüchtete gestärkt. Die Auswertung der Antworten auf eine vom vhw Bundesverband für Wohnen und Stadtentwicklung durchgeführte Kommunalbefragung zeigen ein deutliches Plädoyer für eine Wohnsitzauflage, die an unterstützende wirtschafts- und arbeitsmarktfördernde Maßnahmen gekoppelt ist. Die bundesweite Onlinebefragung mit 35 Fragen zur Situation, den Herausforderungen und den Perspektiven der Flüchtlingsaufnahme wurde vom Deutschen Städtetag, dem Deutschen Städte- und Gemeindebund sowie dem Hessischen Städte- und Gemeindebund unterstützt. Erste Ergebnisse der vhw-Kommunalbefragung wurden in einem Pressegepräch am 28. April 2016 vorgestellt. An der Kommunalbefragung hatten sich 650 Städte und Gemeinden und Landkreise beteiligt. Dies entspricht einer Rücklaufquote von 44 Prozent. In der Umfrage wurde auch die Frage gestellt: Wie beurteilen Sie derzeit die Vorschläge von Residenzpflicht und Wohnortzuweisung? Etwa 80 Prozent der befragten Kommunen hatten eine Haltung zur Frage der Wohnsitzauflage (im Fragebogen als Residenzpflicht bezeichnet) entwickelt. Etwa 70 Prozent der befragten Kommunen sehen dabei eine Wohnsitzauflage als eher positiv, während etwa 30 diese als eher negativ einstufen. Dabei gibt es nur relativ geringe Unterschiede in der Bewertung dieser Frage nach den Gemeindegrößen. In der Tendenz wird die Wohnsitzauflage stärker von den befragten Regionen mit schwieriger wirtschaftlicher und demografischer Ausgangslage unterstützt, gefolgt von den Gebieten mit starkem Bevölkerungsrückgang, aber auch von Regionen mit „relativer Stabilität“. Dabei wünschen sich diese Regionen eine mittelfristige „Planungssicherheit“ für begleitende Investitionen in Arbeitsplätze und Infrastruktur. Der vhw schätzt ein, dass mit der Einführung einer begrenzten Wohnsitzauflage für Geflüchtete Lasten, aber auch Chancen die mit den anerkannten Flüchtlingen verbunden sind, gleichmäßiger und räumlich über das Land verteilt werden können. Dafür sei es jedoch nötig, weitere flankierende Maßnahmen parallel auf den Weg zu bringen. Diese betreffen den infrastrukturellen Bereich, aber auch gezielte Wirtschafts- und Arbeitsmarktfördermaßnahmen. In den Eckpunkten des Integrationsgesetzes, die von den Spitzen der Koalition verabredet worden waren, sind Wohnsitzauflagen für anerkannte Flüchtlinge vorgesehen. Das ist bei sozialen Fachleuten und Rechtsexperten umstritten: So hatte das Deutsche Institut für Menschenrechte in Berlin schon im Vorfeld des Koalitionsgipfels vor Plänen für Wohnsitzauflagen gewarnt: „Wohnsitzauflagen sind schwere unverhältnismäßige Eingriffe in das Recht auf Freizügigkeit und freie Wahl des Wohnsitzes. Wohnsitzauflagen erschweren es oder machen es unmöglich, familiäre oder freundschaftliche Bindungen aufrechtzuerhalten. Auch das Argument, Wohnsitzauflagen würden Planungssicherheit für die Kommunen schaffen, überzeugt das Menschenrechtsinstitut nicht. Die Einführung von rechtlich angreifbarer Wohnsitzauflagen bringe keine Sicherheit, heißt es dort. Sie seien zudem ein Integrationshindernis. Auch Flüchtlingsorganisationen wie PRO ASYL lehnen eine Wohnsitzauflage für anerkannte Flüchtlinge als nicht zu rechtfertigende Freiheitsbeschränkung ab, da sie mit höherrangigem Recht nicht vereinbar ist und die Integration von Flüchtlingen behindern würde. Sowohl die Genfer Flüchtlingskonvention (Art. 26 GFK) als auch die Qualifikationsrichtlinie der EU (Art. 33) garantieren das Recht auf Freizügigkeit für Flüchtlinge. Die Einführung einer Wohnsitzauflage aus fiskalischen Gründen ist – wie jüngst auch der EuGH entschieden hat – weder mit der GFK noch mit der EU‐Qualifikationsrichtlinie vereinbar (EuGH, Urteil v. 1.3.2016, C‐443/14, C‐444/14). Und auch mit einer anderen Begründung ist eine Wohnsitzauflage nicht erlaubt. Erste Befragungs-Ergebnisse und das Plädoyer des vhw Bundesverbandes für Wohnen und Stadtentwicklung sind auf dessen Internetseite einsehbar unter www.vhw.de/publikationen/vhw-werkstadt/

Die Stellungnahme des Deutschen Instituts für Menschenrechte zur Wohnsitzauflage vom März 2016 Die Stellungnahme von PRO ASYL zum geplanten Integrationsgesetz

Quelle: Pressemitteilung des Deutschen Städte- und Gemeindebundes vom 2. Mai 2016, Pressemitteilung des vhw - Bundesverband für Wohnen und Stadtentwicklung vom 15. April 2016, Pressemiteilung von Pro Asyl vom 14. April 2016