Wohnungsmarkt: Es wird weiter diskriminiert
Die letzte Woche veröffentlichte Studie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes belegt mit drastischen Zahlen einen unhaltbaren Zustand, der schon lange bekannt ist. Menschen mit Migrationshintergrund werden bei der Wohnungssuche strukturell benachteiligt. Trotz gesetzlichen Verbots wird reihenweise diskriminiert.
Diese eine Zahl, die die Antidiskriminierungsstelle in einer repräsentativen Umfrage ermittelt und letzte Woche veröffentlicht hat, spricht eine deutliche Sprache: 35% der Befragten mit Migrationshintergrund geben an, dass sie schon mal bei der Wohnungssuche aus rassistischen Gründen benachteiligt worden sind. Dass dies so ist, ist kein Wunder, denn betrachtet man die Einstellungen der deutschsprachigen Bevölkerung bezüglich ihrer potentiellen Bereitschaft, Wohnungen an eingewanderte Menschen zu vermieten, schließt sich der Kreis: 41% hätten hiergegen große oder sehr große Bedenken. Handelte es sich um ein Zimmer in einer Wohnung, in der man selbst lebt, sind es sogar 52%, also mehr als die Hälfte der deutschsprachigen Befragten, die Menschen wegen ihres Migrationshintergrundes ablehnen würden.
Die zugeschriebene ethnische Zugehörigkeit ist häufigster Diskriminierungsgrund
Auch dieser Wert stimmt mehr als bedenklich: Mehr als die Hälfte der Menschen (53%), die in ihrem Leben schon mal rassistische Diskriminierungserfahrungen machen mussten, geben an, mindestens einmal wegen ihrer Herkunft bei der Wohnungsvergabe benachteiligt worden zu sein. Im Vergleich zur Gruppe der Menschen, die insgesamt Diskriminierungserfahrungen gemacht haben, also auch aufgrund anderer 'Labels' (z.B. Alter, Geschlecht, Behinderung), ist diese Zahl frappierend: Dort sind es 'nur' 32%. Die (zugeschriebene) Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe führt somit in besonderer Weise zu Ausschlusserfahrungen bei der Wohnungssuche.
Dass auf dem Wohnungsmarkt diskriminiert wird, ist nicht nur für Expert*innen schon seit längerem klar. Immer wieder berichten Menschen mit Migrationshintergrund über massive Benachteiligungserfahrungen und z.T. hasserfüllte Rückmeldungen. Dass die Zahl der Betroffenen jedoch so hoch ist, erschreckt selbst Fachleute, die mit dem Thema vertraut sind. So weist beispielsweise der Paritätische Wohlfahrtsverband schon lange auf die Missstände hin. Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Verbandes, erklärt die dramatischen Zahlen u.a. damit, dass Diskriminierungen zu selten verfolgt und geahndet werden. Es wüssten schlicht zu wenige Menschen, dass man gegen Diskriminierungen durch Vermieter*innen klagen kann. Daher resümiert er: „Es bewahrheitet sich der alte Spruch: Wo kein Kläger, da kein Richter.“ Das Problem: Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ist zwar vielen Menschen ein Begriff, doch offenbar bringt man es nicht mit der Lage auf dem Wohnungsmarkt in Verbindung.
Der Klageweg kann sich lohnen
Was aber kann man tun gegen den offensichtlichen Rassismus zahlreicher Vermieter*innen? Schneider schlägt zwei konkrete Maßnahmen vor: Erstens gebe es durchaus Fälle, in denen Vermieter*innen zu Entschädigungszahlen verurteilt worden sind, zuletzt z.B. die Deutsche Wohnen in Berlin, die zur Zahlung 3000 EUR an ein Diskriminierungsopfer verurteilt worden sei. Der Klageweg kann also in offensichtlichen Fällen mit eindeutiger Beweislage erfolgreich sein. Zweitens hält Schneider den Ausbau der Beratungsangebote für Migrant*innen für notwendig: „In jeder Kommune brauchen wir eine Stelle, die niedrigschwellig berät und hilft, auch juristisch. Das ist auch ein Signal an Vermieter: Diskriminierung kann teuer werden. Schaut euch lieber den Menschen an und gebt ihm oder ihr eine Chance in eurem Haus.“